Frankfurt/Main (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Änderung der europäischen Verträge als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Bei der Verabschiedung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagte sie am Mittwoch in Frankfurt am Main: "Wir müssen die Krise als Chance ergreifen und auch zu unkonventionellem Handeln bereit sein. Für mich sind Vertragsänderungen kein Tabu."
Merkel legte erneut ein entschiedenes Bekenntnis zum Euro ab. Die Wirtschafts- und Währungsunion sei neue Stufe der Integration in Europa, sagte sie. Sie stehe für den Willen der Europäer, sich den Herausforderungen der heutigen Zeit gemeinsam zu stellen. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa, betonte Merkel. "Aber das werden wir nicht zulassen", denn die Zukunft Deutschlands sei und bleibe verbunden mit der Zukunft Europas.
Trichet erklärte, die neuartige und größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg habe Bruchstellen in allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften bloßgelegt. Die erste Lektion aus der Krise sei, dass die Kontrolle der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedsstaaten verbessert werden müsse.
Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt griff in scharfer Form die europäischen Regierungen wegen ihres Verhaltens in der Schuldenkrise an. Es gehe um "das Unvermögen der politischen Organe der Europäischen Union, die gefährlichen Turbulenzen und Unsicherheiten einzudämmen", sagte Schmidt.
Allein die EZB habe sich als handlungsfähig und wirksam erwiesen, erklärte Schmidt. Deshalb handele es sich auch nicht um eine Krise des Euro. Das zu sagen, sei "leichtfertiges Geschwätz von Politikern und Journalisten", sagte Schmidt. "In Wahrheit haben wir es zu tun mit einer Krise der Handlungsfähigkeit der politischen Organe." Das sei für die Zukunft Europas "eine viel größere Bedrohung als die Überschuldung einzelner Euro-Länder".
dapd