Frankfurt. . Deutsche Spitzenbanker sehen die Lage auf den Finanzmärkten dramatischer als beim großen Crash 2008. KfW-Chef Ulrich Schröder warnte davor, dass Staaten mit maroden Finanzen keine strauchelnden Geldhäuser mehr auffangen können.
Deutsche Spitzenbanker zeichnen angesichts der heftigen Kursverluste an den Börsen ein düsteres Bild ihrer Branche. „Die Lage ist viel dramatischer als 2008“, sagte der Chef der staatlichen Förderbank KfW , Ulrich Schröder, am Montag auf einer Bankenkonferenz. Damals erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt, nachdem die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammengebrochen war. Viele Staaten wären heute wegen ihrer eigenen Schuldenprobleme nicht mehr in der Lage, Geldhäuser in einer ähnlichen Krise aufzufangen, warnte Schröder. „Die Banken sind nicht aus der Gefahrenzone heraus.“ Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann stellte angesichts der Verluste an den Börsen fest: „All dies erinnert an den Herbst 2008.“
Dax bricht um mehr als fünf Prozent ein
Am Montag brach der deutsche Aktienindex Dax erneut um mehr als fünf Prozent ein. Größter Verlierer waren die Papiere der Deutschen Bank mit einem Minus von fast neun Prozent. Auch andere europäische Finanztitel gaben wegen der Furcht vor einer neuen Finanzkrise deutlich nach. Seit Wochen stehen Bankaktien auf der Verkaufsliste der Anleger ganz oben. Die Angst vor einer neuen Bankpleite geht um. „Die Investoren haben noch nicht wieder angebissen“, sagte Schröder.
Schuldenkrisen und härtere Regulierung sorgen für trübe Aussichten: „Es dürfte für die europäische Finanzbranche insgesamt schwer werden, ihre Erträge zu steigern“, warnte Ackermann. Eine Abschreibung der Euro-Staatsanleihen auf den aktuellen Marktwert könnten zahlreiche Banken nicht verkraften, warnte er. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte in einer internen Berechnung ein solches Szenario unterstellt und dabei ein Kapitalloch von 200 Milliarden Euro bei den europäischen Banken identifiziert. Hierfür hat der IWF aus Europa viel Kritik einstecken müssen.
„Die Länder haben viel von ihrem Pulver verschossen“
Der für seine offenen Worte bekannte KfW-Chef sorgt sich vor allem um die Refinanzierung der Finanzinstitute, die einigen Häusern Probleme bereite. „Ich sehe die Lage der Banken sehr skeptisch“, sagte Schröder. „Es gibt faktisch keine Bank mehr, die einen sieben- oder achtjährigen Bond begeben kann“, berichtete er. Für kürzer laufende Papiere müssten selbst Top-Banken hohe Aufschläge zahlen. Besonders Banken aus den Euro-Krisenländern Italien und Spanien haben derzeit Schwierigkeiten, sich an den Märkten frische Mittel zu besorgen. Doch auch für andere Institute wird es teurer, da sich die Häuser untereinander zunehmend misstrauen. Viele Institute legen ihr Geld lieber für geringe Zinsen bei der Europäischen Zentralbank an als es zu verleihen, wie jüngste Daten der Notenbank zeigen.
Hintergrund sind Befürchtungen der Investoren, dass die Staaten in künftigen Bankkrisen nicht mehr einspringen könnten. „Die Länder haben viel von ihrem Pulver verschossen“, sagte Andreas Schmitz, Präsident des Bankenverbands. Er betonte aber wie Ackermann, dass europäische Geldhäuser insgesamt besser aufgestellt seien als 2008. Die Kapitalausstattung der Institute sei üppiger und die Institute seien weniger abhängig von kurzfristiger Refinanzierung, stellte der Deutsche-Bank-Chef fest. Zudem hielten die Banken weniger toxische Papiere in den Büchern. Für Beruhigung kann dies aber offenbar nicht sorgen. „Solange die Unsicherheit über den tatsächlichen Pfad der Entschuldung anhält, werden auch die Schwankungen auf den Finanzmärkten andauern“, sagte Ackermann.