Berlin. . In Zeiten galoppierender Staatsverschuldung richten Milliardäre einen ungewöhnlichen Appell an die Politik. Sie plädieren für mehr Gerechtigkeit und fordern eine Vermögensabgabe für Reiche. Die Reaktionen sind gespalten.
Es ist wie ein Lauffeuer. Es erfasst die Reichen und die Superreichen, sprang von den USA auf Frankreich und auch auf Deutschland über: Der Ruf „Besteuert uns!“.
Rund 50 Reiche fordern in einem Appell eine Vermögensabgabe und ferner die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Das ergebe „ökonomisch wie politisch Sinn, ganz zu schweigen von der sozialen Gerechtigkeit“, sagte Initiator Dieter Lehmkuhl zu DerWesten. Dass höhere Steuern trotz Finanzkrise nicht auf der politischen Tagesordnung in Berlin stünden, sei „unfassbar“.
Zur Forderung der Reichen sagte der CDU-Abgeordnete Uwe Schummer: „Wir sollten sie nicht allzu lange danach rufen lassen.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sieht im Appell „ein sehr gutes Zeichen“ und den Beweis dafür, dass die Debatte „jenseits der klassischen Neiddebatte geführt werden kann“, wie sie der DerWesten sagte.
FDP lehnt ab
Es gibt aber auch andere Stimmen. FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing hält „gar nichts“ von einer Vermögensabgabe. Er sagte, „wenn reiche Bürger nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anfangen können, dann sollen sie nicht den Staat um Hilfe rufen. Sie können dem Finanzministerium schon heute Geld überweisen, das in den Schuldenabbau fließt. Dazu braucht man keine neuen Steuern.“
Auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, nimmt die Debatte nicht ernst. Alles nur ein PR-Gag? Den Anstoß gab US-Milliardär Warren Buffett. Ihm folgten Superreiche in Frankreich wie die Erbin des Kosmetikkonzerns L`Oreal, Lilliane Bettencourt. Im Vergleich mutet die deutsche Initiative bescheiden an. „Wir spielen in einer anderen Liga“, räumt Lehmkuhl ein. „Bei uns ist es eher die Erbengeneration.“ Im Einzelfall gehe es um bis zu 30 Millionen Euro an Vermögen.
Warnung vor englischen Verhältnissen
Allen Initiativen ist eins gemein: Sie reagieren auf Finanzkrise und soziale Ungleichheiten. Wohin diese führen könnten, zeigten die jüngsten Krawalle in Großbritannien, heißt es im Appell. Darin fordern Lehmkuhl und Co., zwei Jahre lang eine Vermögensabgabe von fünf Prozent und mindestens ein Prozent an Vermögensteuer zu erheben. Mehreinnahmen: zehn Milliarden Euro.