Essen. . In dieser Woche übernimmt Frank Stieler die Führung des Essener Baukonzerns Hochtief. Der Manager will Ruhe ins Unternehmen bringen. Heute ist Aktionärs-Versammlung in Essen.
Er ist der Mann, der den Hochtief-Beschäftigten die Angst vor dem neuen spanischen Großaktionär nehmen soll: Frank Stieler, seit zwei Jahren Vorstandsmitglied, rückt am Donnerstag an die Spitze des größten deutschen Baukonzerns.
Als Nachfolger von Herbert Lütkestratkötter, der Symbolfigur in der Abwehrschlacht gegen ACS, tritt Stieler kein leichtes Erbe an. Der monatelange Kampf gegen die feindliche Übernahme hat Spuren hinterlassen. Schließlich war die Unsicherheit groß. Insbesondere bei den knapp 11 000 Beschäftigten in Deutschland ging lange Zeit die Furcht vor Stellenabbau um. Drei von fünf Hochtief-Vorstandsmitgliedern haben mittlerweile ihren Rückzug angekündigt. Entsprechend emotional dürfte die Hauptversammlung am kommenden Donnerstag in der Essener Grugahalle sein.
Frank Stieler steht eine schwierige Gratwanderung bevor. Er will einen Neuanfang – und zugleich Kontinuität. „Hochtief wird seine deutsche Identität behalten“, sagt der künftige Chef betont diplomatisch. Unmittelbare Auswirkungen durch die veränderte Eigentümerstruktur seien nicht zu erwarten. „Hochtief bleibt eine eigenständige Aktiengesellschaft. Einen Beherrschungsvertrag gibt es nicht.“ Stieler ist bemüht, Ruhe ins Unternehmen zu bringen.
Stieler will bei Hochtief Stolz entwickeln
Schon am Freitag, seinem ersten offiziellen Tag im Amt, will er sich den Beschäftigten aus der Essener Firmenzentrale präsentieren. „Es ist mir wichtig, Stolz in der Hochtief-Mannschaft zu entwickeln und Stärken zu wecken“, sagt der Manager. „Wir müssen noch häufiger nicht nur sagen, was wir tun, sondern auch warum wir etwas tun und was der Mehrwert unserer Arbeit für die Volkswirtschaft ist.“ Gleich nach dem Treffen mit der Belegschaft bricht Stieler zu seiner ersten Dienstreise in neuer Funktion auf. Sie führt ihn nach Australien, wo die erfolgsverwöhnte Firmentochter Leighton zuletzt unerwartet große Probleme bekommen hat.
Der 52-jährige promovierte Jurist Stieler ist längst mit den Strukturen von Hochtief vertraut. Zuletzt war er für das Europa-Geschäft des Essener Konzerns verantwortlich – und damit für mehr als 15 000 der weltweit 70 000 Mitarbeiter. Bevor Stieler zu Hochtief wechselte, hatte er die Energie-Industrietechniksparte von Siemens geführt. Beruflich ist er damit schon einige Jahre im Ruhrgebiet zu Hause, denn die von ihm geleitete Siemens-Division hat ihren Sitz in Duisburg.
Seine berufliche Laufbahn begann Stieler in einer kleinen Frankfurter Anwaltskanzlei, es folgten Stationen bei mehreren Tochterfirmen der Metallgesellschaft – als eine davon an den US-Energiekonzern Enron verkauft wurde, zog Stieler für einige Monate in die USA. Er kehrte gerade rechtzeitig zurück, bevor Enron in die Pleite schlitterte.
In jungen Jahren war Stieler ein begeisterter Dressurreiter. Auch heute glänzen seine Augen, wenn er erzählt, wie durch ein harmonisches Zusammenspiel von Mensch und Pferd Bewegung, Kraft und Vorwärtsdrang entstehen. Für den Reitsport fehlt ihm aber heute die Zeit.
Stieler ist ein Familienmensch. Seine Frau und die gemeinsamen fünf Kinder – vier Söhne und eine Tochter – leben in der Nähe von Frankfurt. Am Wochenende zieht es den Manager zum Laufen und Fahrradfahren in den Taunus.
Stieler will den Dialog mit den Hochtief-Mitarbeitern pflegen. „Gute Führung fängt für mich mit Zuhören an“, sagt er. Auf die Frage, ob Härte im Management weiterhilft, antwortet er: „Nein, Konsequenz. Es gibt Dinge, die man konsequent durchziehen muss.“ Als Vater von fünf Kindern habe er gelernt, „dass es anders nicht geht“.