Essen. . Der Kampf um den Baukonzern Hochtief ist beendet: Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter scheidet zum 12. Mai aus. Sein Nachfolger wird Vorstandsmitglied Frank Stieler, der das Vertrauen des neuen Großaktionärs ACS genießt.

Seit September 2010 kämpfte er für die Eigenständigkeit des größten deutschen Baukonzerns und gegen die Übernahme durch den spanischen Rivalen ACS. In der Nacht zu Montag schmiss Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter hin. Der Rückzug wird dem 60-Jährigen freilich mit einer Abfindung von 4,08 Millionen Euro versüßt.

Die Spanier halten inzwischen 41 Prozent der Anteile an Hochtief und planen, die 50-Prozent-Hürde zu knacken. Doch nicht nur die bevorstehende Übernahme durch ACS sorgt für dunkle Wolken über dem Essener Traditionskonzern. Sorge bereitet ihm auch die einstige australische Vorzeigetochter Leigthon: Sie hat Probleme mit Milliarden-Projekten in Australien und musste in der Nacht zu Montag deshalb eine Gewinnwarnung herausgeben: Leigthon rechnet für das laufende Geschäftsjahr, das am 30. Juni endet, nicht länger mit einem Gewinn von 350 Millionen Euro, sondern stellt sich auf einen Verlust von 311 Millionen Euro ein.

Die roten Zahlen belasten auch die Essener Konzernmutter: Hochtief schraubte seine Gewinnerwartung vor Steuern für 2011 von einer Milliarde auf 400 Millionen Euro herunter und beteiligte sich mit 298 Millionen Euro an der Kapitalaufstockung für Leigthon, damit die kriselnde Tochter überhaupt wieder an Kredite kommen kann.

Krise der australischen Tochter

„Ich habe die letzten Nächte durchgearbeitet“, sagte Lütkestratkötter am Montag. Die australische Krise war aber allenfalls Anlass für seinen angekündigten Rücktritt. Seinen Aufhebungsvertrag handelte er schon seit geraumer Zeit mit dem Aufsichtsrat aus. Darin ist geregelt, dass der Hochtief-Chef mit Ablauf der Hauptversammlung am 12. Mai aus dem Konzernvorstand ausscheidet.

Über die Gründe gab sich Lütkestratkötter bei einer Telefonkonferenz gestern eher einsilbig: „Man kann es nicht allen recht machen“, sagt er. „Es ist wichtig, dass ein Vorstandsvorsitzender im Amt ist, der das volle Vertrauen des Großaktionärs hat.“ Im Verhältnis zu ACS habe es aber „kein böses Blut und kein zerschlagenes Porzellan“ gegeben. Man habe sich in gegenseitigem Einvernehmen getrennt.

4,08 Millionen Euro Abfindung

Mit seinem Rücktritt kam Lütkestratkötter womöglich einem Rauswurf zuvor. Die ihm vertraglich zustehende Abfindung von 4,08 Millionen Euro beim Gesellschafterwechsel durch eine feindliche Übernahme dürfte ihm die Entscheidung darüber hinaus erleichtert haben. „Dr. Lü“, wie er bei Hochtief intern genannt wird, gibt sich deshalb großzügig.

Der Bitte des Großaktionärs ACS, dem Unternehmen als Berater zur Seite zu sehen, will er nachkommen. „Man hat mich gebeten, ich habe Ja gesagt“, so Lütkestratkötter. Auf ein Beratungshonorar will er verzichten. „Ich nehme dafür nicht einen Euro. Denn irgendwann werde ich von Hochtief ja auch mal eine Pension beziehen“, so der 60-Jährige. Auch gebe es keinen Vertrag über die Beratungstätigkeit. „Sehen wir mal, wie sich das weiter entwickelt“, sagte der scheidende Vorstandsvorsitzende, der in einer Rundmail an alle Mitarbeiter ankündigte, bis zum 12. Mai mit aller Kraft für Hochtief zu arbeiten.

Frank Stieler neuer Chef

Marc Tüngler von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz glaubt indes, dass es nie zu einer Beratertätigkeit für Lütkestratkötter kommen werde. „Hier geht es nur um Gesichtswahrung und darum, die Mitarbeiter nicht völlig zu demoralisieren“, sagte er dieser Zeitung. Tüngler: „Dieser softe Abgang soll eine beruhigende Wirkung haben.“

Nach Einschätzung des Anlegerschützers werden die Folgen für Hochtief aber umso härter sein: „Die Übernahmeschlacht ist beendet. Den Konzern führen künftig Finanz- und keine Bauingenieure mehr. Es geht nur noch um die Rendite für ACS.“

Zum Vorstandschef ab 12. Mai hat der Hochtief-Aufsichtsrat den Juristen Frank Stieler gewählt. Der 52-Jährige gehört dem Vorstand seit 2009 an. Er genießt ausdrücklich das Vertrauen von ACS. Die Gewerkschaft IG BAU begrüßt, dass Lütkestratkötters Nachfolger aus dem Hause kommt.