Essen. . Auftakt zum Prozessmarathon im Fall Middelhoff. Insolvenzverwalter Görg hat den ehemaligen Arcandor-Chef vor Gericht gezerrt und verlangt Schadensersatz. Doch gleich der erste Verhandlungstag brachte Görg einen bitteren Rückschlag.

Rückschlag für den Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg: Im 175-Millionen-Euro-Schadenersatzprozess gegen den früheren Konzernchef Thomas Middelhoff und zehn andere Topmanager hat das Essener Landgericht seine Schadensberechnung als „nicht schlüssig“ verworfen. Es räumte Görg am Mittwoch zwei Monate Zeit ein, um seine Klage nachzubessern. Gelingt es ihm nicht, die Anforderungen des Gerichts zu erfüllen, könnte der Prozess nach Angaben eines Justizsprechers ein schnelles Ende nehmen.

Görg hat Middelhoff und zehn weitere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder auf Schadenersatz in Höhe von 175 Millionen Euro verklagt. Er wirft den Managern vor, wirtschaftlich nachteilige Mietverträge für fünf Karstadt-Warenhäuser ohne die erforderliche rechtliche Prüfung abgeschlossen zu haben. Dadurch soll dem Unternehmen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe entstanden sein.

Görg will nachbessern

Ein Görg-Sprecher kündigte nach dem ersten Verhandlungstag an, der Insolvenzverwalter werde die Schadensberechnungen nun rasch nachbessern. „Wir werden im Interesse der Gläubiger unsere Hausaufgaben machen, und das gründlich.“ Allerdings könnte sich dies als schwierig erweisen. Denn das Gericht erwartet vom Insolvenzverwalter dafür ein überzeugendes Szenario, wie der Konzern heute ohne die umstrittenen Geschäfte dastehen würde.

Die Vorsitzende der 1. Kammer für Handelssachen, Regina Pohlmann, betonte in einer ersten Einschätzung der Klage allerdings auch, dass es nach Ansicht der Richter sehr wohl eine Pflichtverletzung gewesen sein könnte, dass Middelhoff nicht versucht habe, den Vollzug der nachteiligen Verträge zu verhindern. Nach Meinung des Gerichts ist dies auch zumindest in einem Fall nicht verjährt.

Sechs mitangeklagte ehemalige Aufsichtsratsmitglieder können dagegen auf eine Abweisung der Klage hoffen. Nach der vorläufigen Auffassung des Gerichts hätten sie keine Pflichtverletzungen begangen, sagte Pohlmann.

Middelhoff plant Schadensersatzklage gegen Görg

Middelhoff selbst war - ebenso wie die anderen Beklagten - zum Prozessauftakt nicht persönlich erschienen. In einem Interview mit der „Zeit“ wies er allerdings alle Vorwürfe zurück. „Diese Klage ist ohne Substanz und damit verbunden auch die Kampagne, die ich zwei Jahre über mich ergehen lassen musste“, sagte der Manager.

Middelhoffs Rechtsanwalt Winfried Holtermüller kündigte unterdessen eine Schadenersatzklage gegen Görg an. Dabei werde es um „dicke zweistellige Millionenbeträge“ gehen. Denn durch die überzogenen Vorwürfe des Insolvenzverwalters seien Middelhoff große Geschäftschancen verbaut worden. Die Zerstörung seines geschäftlichen Rufes habe dazu geführt, dass der Manager aus lukrativen Projekten heraus komplimentiert worden sein. Außerdem hat Middelhoff Görg bereits wegen Prozessbetruges angezeigt. Die Anwälte des Managers werfen dem Insolvenzverwalter vor, bei seiner Klage bewusst wesentliche, für Middelhoff entlastende Details verschwiegen zu haben.

Görgs Sprecher betonte dagegen, der Insolvenzverwalter sei im Interesse der Gläubiger verpflichtet gewesen, die Klage einzureichen. Das Verfahren soll am 31. August fortgesetzt werden. (dapd)