Essen. . Der einstige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff ist sich offenbar keiner Schuld bewusst. Nun gehen die Anwälte des umstrittenen Managers in die Offensive. Sie attackieren Insolvenzverwalter Görg, die Bochumer Staatsanwaltschaft - und Middelhoffs Nachfolger Eick.

Thomas Middelhoff selbst war nicht erschienen. Dafür schickte der ehemalige Arcandor-Chef seine drei Anwälte vor. Bei einer Pressekonferenz in Stuttgart, mehr als 400 Kilometer vom Essener Firmensitz des einstigen Karstadt-Mutterkonzerns entfernt, befassten sich die Juristen mit der beruflichen Vergangenheit ihres Mandanten.

Obwohl die Vorwürfe von Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg erst ab April vor Gericht verhandelt werden, steht aus Sicht von Middelhoffs Anwälten jetzt schon fest: „Die Klagen gegen Middelhoff sind haltlos.“

Besonderes Augenmerk galt Middelhoffs Strafrechtler Sven Thomas. Der Jurist griff die Bochumer Staatsanwaltschaft an, die gegen den Manager ermittelt. Thomas sprach von einer „sinnlosen Durchsuchungsaktion“ bei Middelhoff im Oktober 2010. Der Anwalt warf der Ermittlungsbehörde vor, sie habe sich „in weiten Teilen auf Görg verlassen“ und keine eigenen Aktenrecherchen vorgenommen.

Die bei einer Durchsuchung der Arcandor-Zentrale sichergestellten Beweismittel – „einige tausend Leitz-Ordner“ – seien von der Staatsanwaltschaft „bis heute nicht einmal im Ansatz durchgesehen und ausgewertet“ worden, führte Thomas aus. „Dieser Anteil liegt im Promillebereich: 0,01 Prozent. Eine angemessene Behandlung des Materials hätte ergeben, dass es keine Anhaltspunkte für die Vorwürfe gab.“

Boni, Spesen und Reisekosten

Die Staatsanwaltschaft „steht jetzt ausgesprochen dumm da“, sagte der Middelhoff-Anwalt. „Wenn, wie angenommen werden darf, die Görg-Immobilien-Klage in sich zusammenfällt, beruht der verbliebene Rest-Ermittlungsansatz im Bereich von Spesen, Reisekosten und Betriebskosten.“

Hintergrund: Görg hat zwei Schadenersatzklagen gegen Middelhoff erhoben. Beim ersten Komplex geht es um fünf Karstadt-Immobilien. Der Vorwurf: Da nachteilige Mietverträge für die Warenhäuser ohne die erforderliche rechtliche Prüfung abgeschlossen worden seien, soll Middelhoff Schadenersatz in Höhe von 175 Millionen Euro zahlen. In einem zweiten Verfahren fordert Görg Boni und Spesen von mehr als elf Millionen Euro von Middelhoff zurück.

„Mit Middelhoff hätte es eine Insolvenz nicht gegeben“

Die Boni seien Bestandteil von Middelhoffs Vertrag gewesen, erklärte Hartmut Fromm, neben Winfried Holtermüller der dritte Anwalt im Bunde. „Besonders perfide ist es, diese Zahlungen in die Nähe der Insolvenz des Unternehmens nach Ausscheiden von Middelhoff zu rücken“, so Fromm. Die Bemerkenswerte Begründung des Middelhoff-Anwalts: „Die Idee eines Planinsolvenzverfahren war die seines Nachfolgers Karl-Gerhard Eick! Mit Middelhoff hätte es eine Insolvenz nicht gegeben – zumal dafür auch kein Notwendigkeit bestand.“

Die Bochumer Staatsanwaltschaft wies den Vorwurf, sie habe sich lediglich auf Görgs Darstellung verlassen, umgehend zurück. Görgs Sprecher erklärte kurz und knapp: „Der Insolvenzverwalter handelt pflichtgemäß.“