Essen/Bochum. Es gärt schon lange zwischen Bochumer und Rüsselsheimer Opelanern, zwischen der stolzen Zentrale und dem gebeutelten Revier-Werk. Nun knirscht es wieder. Die Bochumer wollen ihr Urlaubsgeld einklagen, auf das die Rüsselsheimer verzichten wollen.

Es ist nicht lange her, als eine Kundgebung am hessischen Stammsitz sie zusammenschweißen sollte. Seit' an Seit' standen sie dort im Mai, allerdings eher in zwei Fronten. Mehr als unterkühlt empfanden die Bochumer den Empfang, fuhren bedrückt statt gestärkt nach Hause.

Nun knirscht es wieder. Die Bochumer wollen ihr Urlaubsgeld einklagen, auf das die Rüsselsheimer verzichten wollen. Die haben gut reden, heißt es an der A40, schließlich bleiben die Hessen vom Stellenabbau , so wie ihn Magna plant, weitestgehend verschont. Es trifft, wieder einmal, die Bochumer am härtesten. 2100 der rund 4500 Werksarbeiter sollen gehen. Magna will am Mittwoch einen Vorvertrag mit General Motors unterzeichnen. Für fast jeden zweiten Bochumer wäre das nicht die Rettung, sondern das Aus.

Zwei harte Runden binnen zehn Jahren

Die Bochumer sind leidlich erfahren im Abbau von Stellen. Zwei harte Runden binnen zehn Jahren haben sie hinter sich. Deshalb dürften die meisten wissen, ob sie diesmal dabei wären. 2000 Kollegen haben somit keinen persönlichen Antrieb, auf Urlaubsgeld zu verzichten. Zumal sie mehr als die Kollegen in den anderen Werken unter Kurzarbeit leiden. „Seit Februar verliert jeder einzelne Mitarbeiter durch die Kurzarbeit etwa 200 bis 300 Euro pro Monat,” sagt Bochums Betriebsratschef Rainer Einenkel.

Gestern morgen sieht man an die vierzig grimmige Gesichter vor Tor 4 an der Wittener Straße, Leute in grauer Montur von der Frühschicht. Sie entrollen ein Transparent: „Kein Cent für Erpresser. Kein Tarifbruch bei Opel und überall”. Wie ein Keulenschlag hatte sie die Nachricht getroffen, dass Opel die Auszahlung des Urlaubsgeldes stoppt – ohne Zustimmung des Betriebsrates. Auch die Beschäftigten der Opel-Partnerfirmen SCB, AFG und RAG-Bildung-Opel sind betroffen.

Urlaub zurückgebucht

Am 23. Juli beginnen schon die Werksferien. Wer bereits eine Urlaubsfahrt gebucht hatte, steht nun mit leerer Reisekasse da. Betriebsrätin Annegret Gärtner-Leymann, eine zierliche Frau, ist Wortführerin am Tor 4. „Auf Druck von Opel”, sagt sie, hätten Opel-Partner ausgezahltes Urlaubsgeld wieder zurückgebucht. Auch die Auszubildenden würden wohl leer ausgehen.

Das alles macht es für die IG Metall in NRW nicht leicht, eine Beteiligung der Mitarbeiter am Rettungskonzept durchzusetzen. Bezirksleiter Oliver Burkhard will die Leute fragen. Er hat sie schon im März abstimmen lassen, als es darum ging, auf 2,1 Prozent Tariferhöhung zu verzichten. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Auf einer Betriebsversammlung musste sich der Gewerkschaftschef fragen lassen, ob er „einen an der Pfanne” habe. Mit 1191 zu 911 stimmte die Belegschaft knapp zu. Für den Einzelnen ging es dabei um zweistellige Euro-Beträge. Beim Urlaubsgeld geht es um 85 Prozent eines Monatsgehalts.

IG Metall will Mitglieder befragen

Armin Schild, IG-Metall-Chef für Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen, sagte der WAZ, er ziehe mit Burkhard an einem Strang. Man sei sich einig, über tarifliche Abweichungen die Mitglieder entscheiden zu lassen. Wenn ein Gesamtpaket vorliege, werde die IG Metall darüber „selbstverständlich und in allen Werken die Mitglieder befragen”. Es sei aber nicht sinnvoll, für jedes Detail ein Votum einzuholen. „Es macht keinen Sinn, über den Preis abzustimmen, wenn wir noch nicht wissen, was die Gegenleistung ist.”

Auch in NRW will man das Magna-Konzept endlich in den Händen halten. Einem Sanierungskonzept, das Kündigungen ausschließe, könnten auch die Bochumer zustimmen. In Rüsselsheim befürchtet man das Gegenteil. Die IG Metall versucht zu schlichten und den Prozess in geordnete Bahnen zu lenken. Schließlich will sie, dass es was wird mit „New Opel”. Dagegen werden manchem Stimmungsmacher selbstzerstörerische Tendenzen nachgesagt. Kleinen, aber lauten Gruppen gehe es nicht in erster Linie um den Erhalt des Werkes, sondern um klassenkämpferische Profilierung. Gefürchtet ist der Einfluss einiger Kommunisten, von denen die Marxisten der MLPD als besonders kompromisslos gelten.