Essen. Der Chemiekonzern Evonik bleibt in Essen und zieht in das höchste Gebäude der Stadt. Beinahe wäre Evonik nach Düsseldorf abgewandert.
Der Chemiekonzern Evonik zieht mit seiner Zentrale in den früheren RWE-Turm in Essen um. Damit bleibt der Stadt Essen der Sitz eines der wichtigsten Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen erhalten. Auch eine Immobilie in Düsseldorf stand dem Vernehmen nach in der engeren Auswahl, letztlich überwogen bei Evonik aber die Argumente, die dafür sprachen, die Verwaltung in das mit 120 Metern höchste Gebäude im Ruhrgebiet zu verlagern. „Wir bleiben unserer Heimatstadt Essen treu“, sagt Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann. Die Suche nach einer neuen Konzernzentrale sei abgeschlossen, der Mietvertrag am Donnerstagvormittag unterschrieben worden, teilte das Unternehmen mit. Ab Frühjahr 2026 laute die Adresse des Chemiekonzerns dann: Opernplatz 1, Essen.
Von ursprünglich 26 Immobilien in Essen und Umgebung seien zunächst elf auf ihre Eignung für Evonik geprüft worden, berichtet der Evonik-Vorstand. Für drei Objekte habe es im Laufe des Jahres konkrete Verhandlungen gegeben. Nun sei die Entscheidung gefallen. Mit 14.000 Quadratmetern biete der Turm ausreichend Platz für die Verwaltung des Unternehmens, zudem bleibe die direkte Anbindung an die Autobahn und den Hauptbahnhof in Essen erhalten.
Umzug der Evonik für Februar bis April 2026 geplant
Nötig sei die Suche nach einer neuen Zentrale geworden, weil der Mietvertrag für die bisherigen Evonik-Gebäude in der Rellinghauser Straße in Essen ausläuft, heißt es bei Evonik. Der Umzug sei für Februar bis April 2026 geplant. Bis dahin müssten noch einige Details geklärt werden, unter anderem die Verteilung der Etagen, der Betrieb einer Kantine und die optische Gestaltung im Evonik-Design.
„Die Entscheidung für den Opernplatz ist im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, betont Evonik-Gesamtbetriebsratschef Martin Albers. „Die Büros werden für unsere Bedürfnisse gestaltet, neue Teeküchen werden eingerichtet, und es gibt ausreichend Stellplätze in der Tiefgarage. Vor allem aber bleibt der Weg zur Arbeit praktisch der gleiche.“
„In der neuen Konzernstruktur werden wir künftig viel direkter bereichsübergreifend zusammenarbeiten“, erklärt Evonik-Vorstandschef Kullmann. Durch ein „Smart-Work-Konzept“ würden „viele Büros von mehreren Mitarbeitern im Wechsel genutzt“, fügt er hinzu. „Mit seiner Größe und seiner Architektur passt der neue Evonik-Turm perfekt zur neuen Evonik-Verwaltung.“
Evonik-Vorstand bezieht die Etagen 23 bis 27
Die Büroetagen 1 bis 17 können nach Angaben von Evonik im Laufe des Jahres 2025 renoviert und gestaltet werden. Der Vorstand werde künftig auf den Etagen 23 bis 27 sitzen. Dazwischen habe die Anwaltskanzlei Luther fünf Etagen angemietet. Wer nach dem Umzug von Evonik in die ursprünglichen RAG-Gebäude an der Rellinghauser Straße einziehen wird, sei offen.
Der Vorstand des Energieversorgers RWE arbeitet schon seit einigen Jahren nicht mehr im Turm, der von manchem Evonik-Manager liebevoll als „Prinzenrolle“ bezeichnet wird. Im Frühjahr 2020 haben die ersten RWE-Beschäftigten ihre Büros auf einem neuen Konzern-Campus im Essener Nordviertel bezogen.
Die Neuaufstellung der beiden größten deutschen Energieversorger Eon und RWE wirkte sich auch auf die Arbeitsumgebung der Beschäftigten beider Konzerne aus – und somit auch auf die Belegschaften im Turm. Zwischenzeitlich residierte dort der Vorstand der RWE-Tochter Innogy, später dann waren es die Teams der Eon-Firma Westenergie. Mit Evonik wechselt nun ein Chemiekonzern an die traditionsreiche Adresse am Essener Opernplatz.
Der RWE-Turm wurde 1997 bezogen und vom Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven konzipiert, der dafür mehrere Preise erhielt. Vor rund zehn Jahren sorgten Äußerungen des damaligen RWE-Personalvorstands Uwe Tigges für Gesprächsstoff. Tigges hatte beklagt, der Turm mit seinen 30 Stockwerken sei „aufgrund seiner runden Architektur grundsätzlich ungeeignet für eine moderne Konzernverwaltung“. Es gebe zu viele Freiflächen und fensterlose Räume in der Mitte des Turms.
Dafür punktet die Immobilie damit, „den schönsten Ausblick über die Region“ bieten zu können, wie es Sven Scharke als Geschäftsführer der Lianeo Real Estate GmbH unlängst formulierte. Das Berliner Unternehmen verwaltet das Gebäude im Auftrag des Eigentümers Vivion seit rund fünf Jahren.
Evonik auf striktem Sparkurs
Neben der Nähe zum bisherigen Konzernsitz und Sicherheitsanforderungen dürften auch die Kosten bei der Entscheidung des Evonik-Managements eine wichtige Rolle gespielt haben. Vorstandschef Kullmann hat dem Konzern einen strikten Sparkurs verordnet. Auch ein Neubau, der darüber hinaus einige Jahre beansprucht hätte, wäre daher aus Sicht des Managements unpassend gewesen.
Von den derzeit 32.000 Arbeitsplätzen im Konzern will der Evonik-Vorstand 2000 abbauen, davon 1500 in Deutschland. Bemerkenswert: Bei 500 Arbeitsplätzen, die entfallen sollen, handelt es sich Unternehmensangaben zufolge um Stellen von Führungskräften.
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