Essen. Beim Essener Chemiekonzern Evonik trifft der radikale Umbau vor allem die Führungskräfte. Viele sollen ihre Funktion verlieren.

Die organisatorische Neuaufstellung des Essener Chemiekonzerns Evonik wirkt sich insbesondere auf die Führungskräfte im Unternehmen aus. „Wir haben derzeit 4500 Führungskräfte. 1000 werden wir von ihrer Führungsaufgabe entbinden“, sagt Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann. Zudem will Evonik mit weniger Führungskräften auskommen. Das Ziel sei ein „schlankeres Führungsmodell“ des Unternehmens. „Bislang hatte eine Führungskraft bei uns im Schnitt Verantwortung für drei bis vier Beschäftigte“, erklärt Kullmann. „Diese Zahl erhöht sich auf durchschnittlich sieben.“ Teils könnten mit der Abgabe der Führungsfunktion auch Gehaltseinbußen verbunden sein, doch einen Automatismus gebe es nicht, wird bei Evonik betont.

Kullmann hatte im vergangenen Jahr angekündigt, die gesamte Verwaltung des Essener Chemiekonzerns auf den Prüfstand zu stellen. Das Programm trägt den Titel „Evonik Tailor Made“, kurz ETM. Damit ist „passgenau“ oder „maßgeschneidert“ gemeint. Der Revierkonzern sollte einen „neuen Zuschnitt“ bekommen.

500 Arbeitsplätze von Evonik-Führungskräften sollen wegfallen

Von den derzeit 32.000 Arbeitsplätzen im Konzern will der Evonik-Vorstand 2000 abbauen, davon 1500 in Deutschland. Bemerkenswert: Bei 500 Arbeitsplätzen, die entfallen sollen, handele es sich um Stellen von Führungskräften, erklärt das Unternehmen.

Evonik-Chef Christian Kullmann plant tiefgreifende Veränderungen beim Essener Chemiekonzern. „Das ist der größte Konzernumbau seit der Gründung von Evonik“, sagt er.
Evonik-Chef Christian Kullmann plant tiefgreifende Veränderungen beim Essener Chemiekonzern. „Das ist der größte Konzernumbau seit der Gründung von Evonik“, sagt er. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Für den angekündigten Stellenabbau plant der Evonik-Vorstand eine Millionensumme ein. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hatte der Konzern eigenen Angaben zufolge Rückstellungen von 238 Millionen Euro gebildet, um die Stellenstreichungen umsetzen zu können. Das Geld könnte unter anderem für Abfindungen eingesetzt werden.

Vorstandschef Kullmann hatte beim Start des Programms erklärt, es gebe derzeit zuweilen „langwierige Abstimmungswege“ im Unternehmen. „Wir alle leiden unter überflüssiger Bürokratie“, so Kullmann. Mit „Tailor Made“ solle sich dies ändern. Die Zahl der Führungsebenen im Essener Unternehmen will Kullmann von durchschnittlich zehn auf maximal sechs verringern. Mehr als 3000 Organisationseinheiten sollen wegfallen.

Kullmann: „Größter Konzernumbau seit Gründung von Evonik“

Zum Programm „Tailor Made“ kommt nun der größte Konzernumbau bei Evonik seit vielen Jahren: Derzeit bündelt Evonik die Geschäfte in vier Divisionen rund um Produkte für die Pharma-, Kosmetik- und Ernährungsindustrie („Nutrition & Care“), Werkstoffe („Smart Materials“), Additive für die industrielle Anwendung („Specialty Additives“) sowie rohstoff- und energieintensive Basischemie („Performance Materials“). Diese Struktur will Kullmann auflösen.

Künftig wird es Unternehmensangaben zufolge lediglich zwei Segmente geben: In den Bereich „Custom Solutions“ mit rund 7000 Beschäftigten sortiert das Management Geschäfte mit „maßgeschneiderten“ Produkten für die Evonik-Kunden ein – unter anderem Additive für Lacke sowie Beschichtungen für die Kosmetik- und Pharmaindustrie.

Etwa 8000 Mitarbeiter von Evonik sollen in Zukunft zum Segment „Advanced Technologies“ gehören, zu dem unter anderem sogenannte Hochleistungskunststoffe sowie das Wasserstoffperoxid-Geschäft von Evonik gehören. Dieser Bereich definiere sich über eine „hohe Technologie-Kompetenz und operative Exzellenz“, heißt es bei Evonik. Ab April kommenden Jahres soll die neue Konzernstruktur gelten. „Das ist der größte Konzernumbau seit der Gründung von Evonik“, sagt Vorstandschef Kullmann.

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