Rüsselsheim/Bochum. Bei Opel spitzt sich die Lage durch tägliche Millionenverluste immer mehr zu. Der Zeitdruck in den Verhandlungen zwischen General Motors und Magna wächst, da der staatliche Überbrückungskredit für den Autobauer nur noch bis Mitte September reicht.
Die Verhandlungen um eine vertragliche Einigung zwischen General Motors und Magna stehen unter einem enormen Zeitdruck. Nach Informationen unserer Zeitung verliert Opel in Europa deutlich mehr Geld als bislang bekannt. Die Rede ist inzwischen von fünf bis sechs Millionen Euro, die der Hersteller jeden Tag an Verlust einfährt. Damit müsse bis spätestens Mitte September Klarheit über die Zukunft des Autobauers geschaffen sein.
Grund: Bis dahin reicht die Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aus, die die Bundesregierung und die Länder mit Opel-Standorten gewährt hatten. Diese Geld muss auch Investitionen und die Aufrechterhaltung des Betriebes abdecken.
Keine Nachforderung möglich
Eine Nachforderung wird es nicht geben. Das wurde am Mittwoch am Rande einer zweitägigen Klausur von europäischen Opel-Betriebsräten in Rüsselsheim betont. Eine Forderung nach weiteren Hilfen hätte allerdings weder in NRW noch im Bund eine Chance. „Eine Ausweitung des beschriebenen Finanzrahmens” scheide „unter allen Umständen” aus.
Auch der NRW-Anteil von maximal 150 Millionen Euro „wird unter keinen Umständen ausgeweitet”, heißt es einer vertraulichen Vorlage für den NRW-Haushaltsausschuss. Die FDP hat in einer nächtlichen Verhandlungsrunde am Pfingstwochenende noch eine weitere Brandmauer eingezogen. So sinke der zehnprozentige Anteil an der Brückenfinanzierung – das sind die 150 Millionen Euro –, wenn die Beschäftigtenzahl an den Opel-Standorten bis Ende November stark abnehmen sollte.
Magna will bis 2014 Milliarden an Personalkosten sparen
Auf der Betriebsräte-Konferenz in Rüsselsheim stellte Magna nochmals sein Konzept vor, einschließlich des erforderlichen Einsparvolumen auf Arbeitnehmerseite in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar bis 2014. Das jährliche Einsparvolumen betrage 350 Millionen Dollar, hieß es dem Vernehmen nach. Der Bochum Betriebsratschef Rainer Einenkel bestätigte das Treffen. „Es gibt noch erheblichen Klärungsbedarf”, sagt er. Das betreffe auch die Frage der Lastenverteilung zwischen den einzelnen Werken.
Auch die Verhandlungen zwischen GM und den möglichen Investoren, neben Magna die russische Sberbank und der Hersteller Gaz, laufen auf Hochtouren – und mit reichlich Versunicherung, die der Poker um den Preis und die Bedingungen mit sich bringt. „Dieses Memorandum of Understanding (Einverständniserklärung) besitzt keine rechtliche Bindung”, sagte jetzt Fred Irwin, der Beiratsvorsitzende der Opel-Treuhandgesellschaft. Will sagen: GM verhandelt weiter offen mit allen Interessenten.
So wurde dem chinesischen Autobauer BAIC, der kurz vor Ablauf der Bieterfrist sein Interesse an Opel bekundet hatte, jetzt Einblick in die Bücher gewährt. Dafür hat BAIC die Spezialisten der Beraterfirma PricewaterhouseCoopers engangiert. Hintergrund des Pokers: Berliner Kreise werfen Magna vor, von seinen finanziellen Zusagen im Kanzleramt abzurücken.
Spezial: Opel in der Krise