Berlin/Essen. .

Gesundheit wird in einer alternden Gesellschaft wie der deutschen immer teurer. Deshalb ging und geht es bei jeder Gesundheitsreform stets um zwei Dinge: Mehr Geld zu besorgen und Kosten zu begrenzen. Noch jede Regierung hat sich deshalb mit ihren Gesundheitsreformen unbeliebt ge­macht, und auch die aktuelle wird wenig Applaus erhalten, wenn sie heute ihre Pläne vorstellt. Denn ihr Gestaltungsspielraum erschöpft sich darin zu entscheiden, wem sie wie viel Geld wegnimmt.

Bei der Geldbeschaffung hat sich Schwarz-Gelb klar entschieden: 2011 steigt der allgemeine Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent. Das zahlen je zur Hälfte Arbeitgeber und Versicherte. Jede weitere Er­höh­ung soll über Zusatzbeiträge von den Versicherten allein kassiert werden.

Bei den Einsparungen ist Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) weniger eindeutig. Er wollte alle Teilnehmer am Gesundheitssystem gleichermaßen belasten. Das ist ihm nicht gelungen, die Lobbyverbände waren unterschiedlich erfolgreich. Bevor Rösler heute sagt, was er macht, listen wir deshalb auf, was er nicht macht.

Apotheker:

Ursprünglich sollten die Apotheker einen pauschalen Abschlag von 200 Millionen Euro zum Sparpaket beitragen. Der wurde komplett gestrichen. Damit bleibt es bei den auf 175 Millionen Euro geschätzten Einbußen, die die Apotheker durch die Kürzung der Großhandelsrabatte ha­ben. Ihr Sparbeitrag wurde so­mit mehr als halbiert.

Hausärzte:

Bei den Hausärzten wollte Rösler 500 Millionen Euro sparen, nicht durch eine Kürzung, sondern durch weniger Honorarzuwächse. Das Plus für die Hausärzte sollte nicht mehr über dem der übrigen Arztgruppen liegen. Das hat Rösler deutlich entschärft. Es wird keine konkrete Sparvorgabe mehr gemacht, sondern lediglich empfohlen, sich an den Honorarsteigerungen der übrigen Ärzte „zu orientieren”.

Pharmaindustrie:

Die Pharmariesen sollen für neue Arzneien nachweisen, ob sie auch besser wirken als alte. Die Dossiers der Industrie prüfen Ärzte und Kassen im Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut Iqwig. Ihre Ergebnisse sind entscheidend für die Preisverhandlungen, die der Hersteller anschließend mit den Kassen führen muss. Nun will die Bundesregierung den Experten vorgeben, nach welchen Kriterien sie neue Medikamente testen sollen. Dies war eine zentrale Forderung des Pharma-Lobbyverbandes VfA. Welche Kriterien dies sind, ist noch offen. Die erhofften Einsparungen der Kassen könnte dies aber drücken.

Generika-Industrie

Generika sind Kopien von Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist. Sie sind deutlich günstiger als die Originalpräparate und helfen den Kassen, Kosten zu sparen. Allerdings sind sie im Vergleich zu anderen Ländern hierzulande noch immer deutlich teurer. Laut Arzneimittelreport 2009 der AOK sind die umsatzstärksten Generika im Durchschnitt 98 Prozent teurer als etwa in Schweden. Röslers Reform enthält hier keine Kostenbremse, im Gegenteil: Den Kassen soll es erschwert werden, Rabattverträge mit den Herstellern abzuschließen. Sie werden bisher europaweit ausgeschrieben, der günstigste Anbieter erhält den Zuschlag. Damit spart allein die AOK in diesem Jahr eine halbe Milliarde Euro. Künftig werden diese Verträge dem Wettbewerbsrecht unterworfen. Dadurch sollen mehr kleine und mittelständische Hersteller zum Zuge kommen, die Einsparungen dürften aber sinken.

Zahnärzte

Im Juni hat die CDU eine Nullrunde für Zahnärzte vorgeschlagen. Nun dürfen die Zahnärzte ihre Preise für 2011 und 2012 um die halbe Grundlohnrate erhöhen. Das ist jener Prozentsatz, um den die Löhne aller Beschäftigten in einem Jahr gestiegen sind. Aus der Nullrunde wird nun ein Honorarplus von 20 Millionen Euro im kommenden Jahr.

Kliniken

Auch für die Kliniken hatte die CDU eine Nullrunde vorgesehen. Nun dürfen auch ihre Erlöse halb so stark steigen wie die Löhne. Zudem soll eine Klinik für Operationen 30 Prozent weniger Geld erstattet bekommen, wenn sie mehr operiert, als mit den Kassen vereinbart ist. Unter dem Strich sollen die Krankenhäuser so im kommenden Jahr 500 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben als geplant.