Berlin. .

Die Krankenkassen profitieren nicht von der guten Konjunktur. Sie machen weiter Verluste in Milliardenhöhe. Die AOK rechnet für 2011 mit einem Fehlbetrag von elf Milliarden Euro. An der geplante Beitragserhöhung wird daher festgehalten.

Trotz der guten Konjunktur erwarten die Krankenkassen nach wie vor elf Milliarden Euro Defizit im kommenden Jahr. Bei der geplanten Beitragserhöhung auf 15,5 Prozent zum 1. Januar müsse es bleiben, sagte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Herbert Reichelt, am Freitag der Nachrichtenagentur dapd. Er forderte die Bundesregierung auf, den Kassen mehr Instrumente zum Sparen an die Hand zu geben.

Den Fehlbetrag von elf Milliarden Euro hatte die AOK schon vor einem Jahr für 2011 vorhergesagt - mitten in der Krise. Inzwischen läuft die Konjunktur besser als erwartet und die Arbeitslosenzahlen sind niedriger. Doch Reichelt sagte, ein Wirtschaftsaufschwung schlage immer erst mit Verzögerung auf die gesetzliche Krankenversicherung durch. Erst wenn die Löhne stiegen, komme auch wieder mehr Geld bei den Kassen an. „Im Moment gehen alle davon aus, dass diese elf Milliarden realistisch sind“, sagte der Kassenvertreter. Eine genaue Schätzung soll es in einigen Wochen geben.

Beitragserhöhung um 0,6 Punkte

In jedem Fall müsse es bei der geplanten Beitragserhöhung um 0,6 Punkte bleiben, die rund sechs Milliarden Euro zusätzlich in die Kassen spült. „Die Beitragserhöhung ist im Moment nicht zu umgehen“, sagte Reichelt. „Sonst hätte man früher gegensteuern und Maßnahmen zur Kostensteuerung früher einführen müssen.“ Die Alternative wären Zusatzbeiträge auf breiter Front, meinte der AOK-Manager. Das werde mit der Beitragserhöhung vermieden. Für die AOK gelte „mit Sicherheit, dass wir ohne Zusatzbeiträge ins Jahr 2011 starten“.

Reichelt forderte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, den Kassen mehr Möglichkeiten zu Einzelverträgen zum Beispiel mit Krankenhäusern einzuräumen. Damit könnten sie Kliniken mit günstigen Preisen auswählen und andere ausschließen. „Das wäre der nächste konsequente Schritt“, sagte der Kassenmanager. An der jetzt geplanten Gesundheitsreform kritisierte er auch, dass das neue System von Zusatzbeiträgen mit Sozialausgleich zusätzliche Bürokratie bringe. Das werde für die Kassen Kosten verursachen.

AOKen gewinnen 500.000 Versicherte

Derzeit haben nur 16 von 163 Krankenkassen einen Zusatzbeitrag. Der wird dann erhoben, wenn die Kassen mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Künftig soll der normale Krankenkassenbeitrag aber eingefroren und Kostensteigerungen nur noch über den Zusatzbeitrag ausgeglichen werden, den die Mitglieder alleine zahlen. Mittelfristig erwarten Experten, dass alle Kassen einen Zusatzbeitrag erheben.

Den Versicherungen, die ihn bisher einführen mussten, laufen die Mitglieder in Scharen davon. Dagegen verzeichnen die 15 AOKen, die bisher auf Zusatzbeiträge verzichten, einen Mitgliederzuwachs. Netto seien von Januar bis Juli 2010 rund 509.500 neue Versicherte hinzugekommen, sagte Jürgen Graalmann, Reichelts Stellvertreter an der AOK-Spitze. Die Hälfte der Wechsler seien jünger als 30 Jahre. Inzwischen haben die AOKen 17,8 Millionen Mitglieder und mit allen Familienangehörigen insgesamt 24,2 Millionen Versicherte.

Graalmann sagte weitere Kassenfusionen voraus - sowohl bei der AOK als auch bei der Konkurrenz der Ersatz-, Innungs- und Betriebskrankenkassen. „In vier bis fünf Jahren wird es nur noch rund 50 Kassen geben“, sagte er. (dapd)