Essen. Auch Evonik könnte bald beim Staat wegen eines Kredits anklopfen. Der Essener Konzern will auf seiner heutigen Aufsichtsratssitzung über einen Antrag bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau beraten. Das erfuhr die WAZ-Gruppe aus Unternehmenskreisen.
Der Essener Mischkonzern Evonik will nach Informationen der WAZ-Gruppe einen Kredit der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragen. Dabei gehe es um eine Größenordung in dreistelliger Millionenhöhe, hieß es in Unternehmenskreisen. Der Aufsichtsrat will sich noch am heutigen Abend (17.6.) mit dem Thema befassen. Solche Kredite gibt es für Unternehmen in Schwierigkeiten, sofern diese tatsächlich durch die Finanzkrise ausgelöst wurden.
Der Evonik-Konzern ist schwer von der Wirtschaftskrise getroffen. Insbesondere die Chemie-Sparte Degussa, die neben den Töchtern Steag (Energie) und Immobilien zwei Drittel zum Konzerngeschäft beisteuert, leidet unter starken Auftragsrückgängen. Evonik-Chef Klaus Engel sagte unlängst im Interview mit dieser Zeitung, die Volumina in der Chemie seien gegenüber Vorjahr um ein Fünftel eingebrochen.
Hohe Dividende ausgeschüttet
Eher unwahrscheinlich erscheint es, dass Evonik auf Grund akuter Finanzierungsengpässe auf den Staatskredit der KfW zurückgreifen muss. Das allerdings ist politisch nicht ohne Brisanz. Schließlich hat Evonik für das Jahr 2008 eine Dividende an den Finanzinvestor CVC, der 25,01 Prozent an dem Essener Konzern hält, in Höhe von 280 Millionen Euro ausgeschüttet. Für das laufende Jahr sind dem Finanzinvestor 320 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Knapp 75 Prozent des Unternehmens gehören der RAG-Stiftung, die die Aufgabe hat, über den Verkauf von Evonik das Auslaufen und die Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus (vor allem das Abpumpen der Schächte) zu finanzieren.
Entscheidung über Nachfolge des Arbeitsdirektors Weber
Wie unsere Zeitung weiter erfuhr, wird das Aufsichtsgremium auch über die Nachfolge des scheidenden Arbeitsdirektors Ulrich Weber beraten. Der aussichtsreichste Kandidat ist der derzeitige Arbeitsdirektor der Degussa Evonik, Ralf Blauth. Die Industrie-Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hat das Vorschlagsrecht für den Arbeitsdirektor. Blauth war vor seiner Berufung zur Degussa Arbeitsdirektor der RAG Coal International AG, davor war Blauth Konzernbetriebsratschef der Degussa.
Ulrich Weber ist jüngst als Personalchef in den Vorstand des Bahn-Konzerns berufen worden. Aufsichtsratschef der Bahn ist der frühere Evonik-Chef Werner Müller.