Berlin. Bundeswirtschaftsminister Guttenberg hat seine Kritik an dem Rettungspaket für Opel erneuert. "Der Staat läuft Gefahr, sich erpressbar zu machen, wenn er einmal großzügig hilft", sagte der CSU-Politiker. Für seine Kritik erhält Guttenberg auch Lob vom Unions-Wirtschaftsflügel.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat seine Kritik an dem Rettungspaket für Opel erneuert. «Der Staat läuft Gefahr, sich erpressbar zu machen, wenn er einmal großzügig hilft», sagte der CSU-Politiker der «Welt am Sonntag». Der Minister hätte eine sogenannten Planinsolvenz dem Einstieg des Automobilzulieferers Magna vorgezogen. «Bei der Bewertung der Risiken des vorliegenden Konzepts kam ich zu einer anderen Einschätzung als meine Kollegen», bekräftigte Guttenberg. «Alle Seiten haben berechtigte Gründe für die jeweilige Einschätzung. Es liegt in der Natur der Sache, dass man erst hinterher weiß, welche die richtige war.»

Für seine Kritik erhält Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Lob vom Unions-Wirtschaftsflügel. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs (CDU), sagte, mit der Opel-Rettung würden Steuergelder mit einer «Freibier-für-alle-Mentalität» ausgegeben. Der Chef der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, sieht durch den Einstieg von Magna bei Opel Gefahren für deutsche Automobilzulieferer. Guttenberg hatte eine geordnete Insolvenz von Opel favorisiert, akzeptierte aber die Entscheidung für Magna. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verteidigte dagegen die Pläne zur Opel-Rettung. Mit der Milliardenbürgschaft befassen sich an diesem Sonntag auch der Haushaltsausschuss des Bundestages und der Finanzausschuss Nordrhein-Westfalens und Hessens.

CSU: Schwierigkeiten für deutsche Zulieferer zu erwarten

Er sei sehr damit einverstanden, dass Guttenberg aufmerksam mache, welche Gefahren das jetzt vereinbarte Vorgehen berge, sagte Fuchs. Wenn das jetzt zugesagte Geld nicht ausreiche, um Opel zu retten, «muss jedenfalls Feierabend sein mit den Rettungsversuchen».

Michelbach sieht Schwierigkeiten für die deutschen Automobilzulieferer, Anschlussaufträge von Opel zu erhalten. «Magna wird in erster Linie an der Auslastung seiner eigenen Zulieferkapazitäten interessiert sein», warnte Michelbach. Zudem bestehe die Gefahr, dass «Magna intensiven Einblick in Entwicklungen der Konkurrenten erhält und deren Innovationen auf dem internationalen Markt frühzeitig selbst verwertet». Eine von Guttenberg angestrebte geordnete Planinsolvenz hätte eine saubere Lösung für Opel gebracht.

Dagegen sagte Koch, der Einstieg von Magna sei für die Steuerzahler mit Abstand am besten. Das Ausfallrisiko der Milliarden-Bürgschaft sei gering. Das neue europäische Unternehmen wird nach Einschätzung Kochs in Rüsselsheim seinen Sitz haben. Auf alle ehemaligen Töchter des General-Motors-Konzerns in Europa komme aber insgesamt der Abbau von 10 000 bis 11 000 Arbeitsplätze zu.

Dudenhöffer: „Magna ist die beste Wahl“

Guttenberg erneuert Kritik an Opel-Rettungsplan

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    Auch der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in der Entscheidung für Magna die «beste Wahl, die man hätte treffen können». Opel könne sich so auf dem europäischen Markt weiter «ohne Konkurrenz im eigenen Hause» entfalten. Zudem stehe für Opel durch Magna auch der russische Markt «ganz weit offen», während durch die verbleibenden Anteile des US-Mutterkonzerns General Motors zugleich auch China und Nordamerika als Absatzmarkt infrage kämen.

    Nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will der Autozulieferer Magna so lange keine Dividende zahlen, bis die beim Opel-Einstieg gewährten staatlichen Kredite getilgt sind. «Auch das hat uns überzeugt», sagte der SPD-Kanzlerkandidat der «Bild am Sonntag». Mit dem Konzept des österreichisch-kanadischen Autozulieferers werde die größtmögliche Zahl von Arbeitsplätzen bei Opel erhalten. «Deshalb hat sich auch die Arbeitnehmerseite klar dafür ausgesprochen.» Steinmeier stellte zugleich klar, dass es nunmehr «keinen Raum für Nachforderungen gibt». Es sei noch «harte Arbeit», mit den gewährten staatlichen Hilfen die Zukunft des Autobauers zu sichern.

    Steinmeier rechnet damit, dass bei der Erschließung neuer Märkte für Opel in Osteuropa Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Rolle spielen wird. «Magna setzt unter anderem auf die Erschließung der osteuropäischen Märkte. Das ist doch klar, dass sie mit Blick auf Russland auch Kontakt zu Schröder suchen», sagte Steinmeier.

    Stronach will Opel-Autos in Kanada bauen

    Guttenberg wollte nach Informationen der «Bild am Sonntag» während der Verhandlungen in der Nacht zum Samstag zurücktreten. Guttenberg machte laut Zeitung unmissverständlich klar, dass er die Magna-Lösung wegen der Risiken für den Steuerzahler «nicht mittragen» werde. Dabei sei auch das Wort «Rücktritt» gefallen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihren Minister aber davon abhalten können.

    Magna-Chef Frank Stronach kündigte unterdessen den Aufbau einer kanadischen Automobilindustrie an. «Wir werden Opel-Autos in Kanada bauen», sagte er. Er wisse aber nicht, wo in Kanada Autos produziert werden könnten. »Ich weiß, wir sind wettbewerbsfähig, ich weiß, wir können Jobs in Kanada und den Vereinigten Staaten schaffen«, sagte er.

    Noch keine Entscheidung zu Insolvenz von General Motors bekannt

    Der Verwaltungsrat von General Motors hat seine zweitägigen Beratungen abgeschlossen, aber vorerst keine Entscheidung zu einer möglichen Insolvenz bekanntgegeben. Der Automobilhersteller kündigte für Montagmorgen eine Pressekonferenz in New York an. Das US-Finanzministerium lehnte jede Stellungnahme zur Zukunft des Opel-Mutterkonzerns ab.

    Am Samstagabend lief um 23.00 Uhr (MESZ) eine Frist ab, innerhalb der die Inhaber von GM-Firmenanleihen ein Angebot annehmen konnten, ihre Forderungen von insgesamt 27 Milliarden Dollar in eine Beteiligung von mindestens zehn Prozent einzutauschen. Diese Regelung sollte Teil einer von der Regierung geforderten Lösung sein. Die von Washington gesetzte Frist für eine Sanierungsregelung läuft am Montag ab. Nur bei einem tragfähigen Sanierungskonzept will die Regierung weitere Milliarden an Notkrediten überweisen. Dabei würde sich der Staat zu nahezu drei Viertel an General Motors beteiligen.

    Abkommen für drastische Kostensenkungen

    Als Voraussetzung für eine noch mögliche Sanierung stimmte die Gewerkschaft der United Auto Workers (UAW) am Freitag einem Abkommen für drastische Kostensenkungen zu. Außerdem wurde am Samstagmorgen eine Absichtserklärung unterzeichnet, um Opel aus dem Konzern herauszulösen und mit Investitionen des kanadisch-österreichischen Autozulieferers Magna International auf neue Beine zu stellen.

    Bei einem typischen Insolvenzverfahren nach Kapitel 11 des amerikanischen Konkursgesetzes (Bankruptcy Code) erhält das verschuldete Unternehmen einen Schutz vor Gläubigerforderungen, um eine Neuorganisation einzuleiten. Dabei muss eine Mehrheit der Gläubiger, die zusammen mindestens zwei Drittel der Forderungen vertreten, dem Sanierungsplan zustimmen. Bei einer Insolvenz von General Motors wird erwartet, dass die Vermögenswerte an eine neugebildete Einheit verkauft werden, aus der eine neue General Motors hervorgehen könnte.

    Der Automobilkonzern Chrysler, der am 30. April in Insolvenz gegangen ist, hat einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Dort ist ein Verkauf der Vermögenswerte an den italienischen Fiat-Konzern geplant. Es wird erwartet, dass der zuständige Richter Arthur Gonzalez den Verkauf am Montag billigt. Fiat hat eine Frist für den Abschluss der Transaktion bis zum 15. Juni gesetzt. (ddp/ap)

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