Essen. Arcandor ruft nach einer Staatsbürgschaft. Und stößt damit in der Union auf Widerstand. Es habe schon vor der Krise eindeutige Managementfehler bei dem Konzern gegeben, hieß es. Die Notlage spitzt sich indessen zu: Die Gehälter der Mitarbeiter sind offenbar nur noch für Mai gesichert.
In der Union ist die Forderung nach einer Staatsbürgschaft für den angeschlagenen Handels- und Touristikkonzern Arcandor auf Ablehnung gestoßen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Laurenz Meyer (CDU), sagte der «Berliner Zeitung» (Montagsausgabe): «Das Problem muss privatwirtschaftlich gelöst werden.» Es habe schon vor der Krise eindeutige Managementfehler bei Arcandor gegeben. Dies seien «keine Dinge, die man auf die Steuerzahler abwälzen kann.»
Auch in Regierungskreisen hieß es der Zeitung zufolge, die Frage sei, ob das Unternehmen nicht schon seit langem in einer Krise stecke. Wie das Blatt aus Unternehmenskreisen erfuhr, sollen bereits Waren an Lieferanten zurückgegangen sein, da das Geld für die Bezahlung fehle. Die Gehälter der Beschäftigten seien nur noch für Mai gesichert.
Karstadt-Chef macht Druck
Karstadt-Chef Stefan Herzberg drängt die Politik zur Rettung der Essener Kaufhauskette. Auch eine Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof könne die Insolvenz nicht mehr abwenden, wenn der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor nicht in den nächsten Wochen die beantragten Kredite und Staatsbürgschaften in Höhe von insgesamt 850 Millionen Euro erhalte, sagte Herzberg der Zeitung «Bild am Sonntag». Arcandor und Karstadt wollten vom Staat keinen Euro geschenkt haben, sondern alles zurückzahlen.
«Wenn diese Bürgschaft versagt werden sollte, dann geht der ganze Arcandor-Konzern in die Insolvenz mit unabsehbaren Folgen», sagte Herzberg. «Die Biografien von mehr als 50 000 Mitarbeitern würden gebrochen. Zusammen mit den Familien unserer Beschäftigten würden weit mehr als 100 000 Menschen in eine ungewisse Zukunft entlassen.» Außerdem seien zahlreiche Folge-Insolvenzen bei Karstadt-Lieferanten zu befürchten. Ein Verschwinden von Karstadt wäre zudem eine «Katastrophe für die deutschen Innenstädte».
Verdi befürchtet Verödung von Innenstädten
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di befürchtet nach dem Aus für die 54 Hertie-Warenhäuser eine Verödung der von den Schließungen betroffenen Innenstädte. «Warenhäuser haben sich bislang immer als Publikumsmagnete erwiesen», sagte die Gewerkschafterin Lieselotte Hinz der Nachrichtenagentur ddp in Düsseldorf. Bei der anstehenden Schließung der Hertie-Filialen sei die Gefahr groß, dass auch benachbarte Fachgeschäfte, die bislang von den Kundenströmen profitiert haben, starke Umsatzeinbußen erlitten.
Die Gläubigerversammlung der insolventen Hertie-Warenhauskette hatte am Mittwoch dafür votiert, das Traditionsunternehmen innerhalb von zwei Monaten zu liquidieren. Den verbliebenen rund 2800 Mitarbeitern droht die Arbeitslosigkeit.
Gewerkschafterin Hinz sprach sich dafür aus, es müsse alles dafür getan werden, um den betroffenen Hertie-Beschäftigten eine Job-Perspektive zu geben. Bei einem Verkauf der einzelnen Filialen müssten die Hertie-Beschäftigten die Möglichkeit bekommen, bei den neuen Eigentümern zu arbeiten. Die britische Immobiliengruppe Dawnay Day, die Hertie 2005 von Karstadt übernommen hatte, müsse endlich ihre Verweigerungshaltung aufgeben und die Mieten für Investoren, die in einzelnen Städten Hertie-Kaufhäuser übernehmen wollten, senken. (ddp)