Essen. SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier erkennt bei Opel und Arcandor auch eine Frage der Gleichberechtigung: Steinmeier warnte, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Jobs der Frauen von Karstadt unwichtiger seien als die Arbeitsplätze der Männer von Opel.
Mögliche Hilfen für den Essener Karstadt-Mutterkonzern Arcandor spalten die Große Koalition. Während sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) strikt gegen staatliche Bürgschaften aussprach, lassen SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nun Sympathie für einen solchen Schritt erkennen. Es gehe bei Arcandor schließlich „um 50 000 Jobs, überwiegend Frauen”, sagte Steinmeier in Berlin. Und fügte hinzu: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass diese uns weniger wert seien als die überwiegend von Männern besetzten Arbeitsplätze etwa bei Opel.”
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) schließt staatliche Hilfen für den angeschlagenen Essener Konzern ebenfalls nicht mehr aus. Eine solche Unterstützung sei „keineswegs” undenkbar, sagte Steinbrück am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. „Bei Arcandor hängen mehr Arbeitsplätze dran als direkt bei Opel. Es sind über 50 000 Menschen, die davon betroffen sind”, gab Steinbrück zu bedenken. Er forderte, das „Für und Wider” müsse in den Gremien, die über eine Bürgschaft entscheiden, „sehr solide” abgewogen werden. Am Donnerstag soll sich der zuständige Bürgschaftsausschuss mit dem Fall Arcandor befassen.
Wenn ich einer einzelnen Firma helfe, welchen anderen schade ich dann
Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt äußerte sich dagegen skeptisch zu möglichen Staatshilfen für den Karstadt-Mutterkonzern. „Vor einer Rettungsaktion für private Unternehmen muss der Staat jeden Einzelfall prüfen. Die Prüfung muss vor allem eine Frage beinhalten: Wenn ich einer einzelnen Firma helfe, welchen anderen schade ich dann? Ein Wegfall eines Unternehmens, auch aus dem Einzelhandel, ist zwar schmerzhaft für die Beschäftigten, nutzt aber den Wettbewerbern”, sagte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) der WAZ-Gruppe.
„Ich sehe die Gefahr eines Dammbruchs, wenn der Staat an die Stelle privater Investoren tritt. Wo soll das enden? Auch kann es nicht sein, dass der Staat nur großen Unternehmen beispringt, die Tausende Mitarbeiter mobilisieren. Dann würden die Mittelständler zu Recht fragen, was mit ihnen ist.” Schmidt ist seit März als Nachfolger von Bert Rürup Mitglied des Sachverständigenrates.
Cordes: Arcandor "nicht systemrelvant"
Auch der Vorstandschef des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro, Eckhard Cordes, sprach sich erneut gegen Staatsbürgschaften für den Metro-Konkurrenten Arcandor aus. Das Essener Unternehmen sei nicht „systemrelevant”, sagte Cordes dem Fernsehsender N24. Staatsbürgschaften hätten einen wettbewerbsverzerrenden Einfluss. Cordes hob positive Aspekte einer Arcandor-Insolvenz hervor. Bei einer Insolvenz fände „nur ein Eigentümerwechsel” statt. Mit einem guten Insolvenzverwalter könnten überlebensfähige Teile des Geschäfts fortgesetzt werden.
Für den heutigen Mittwoch ist eine Demonstration der Arcandor-Belegschaft vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin geplant. Zu der Kundgebung hatte die Gewerkschaft Verdi aufgerufen – erwartet wird auch Karstadt-Chef Stefan Herzberg.
Linke wirbt für Staatshilfen
Linken-Parteichef Oskar Lafontaine hatte sich für staatliche Hilfen zugunsten von Arcandor stark gemacht. „Der Verweis auf Managementfehler hilft den Beschäftigten nicht. Die Karstadt-Mitarbeiter haben ebenso wie die Opel-Mitarbeiter einen Anspruch darauf, dass der Staat alles unternimmt, um ihre Arbeitsplätze zu retten. Wenn Steuergelder fließen, müssen sie in Belegschaftsanteile umgewandelt werden”, verlangte Lafontaine.
Linken-Wirtschaftspolitikerin Sabine Zimmermann forderte, außerdem die Eigentümer von Arcandor in die Pflicht zu nehmen. Sie verwies auf das Vermögen der Milliardärin Madeleine Schickedanz und der Privatbank Sal. Oppenheim. Sie sind die wichtigste Anteilseigner von Arcandor.