Berlin. Das Rennen um Opel geht heute in die wohl entscheidende Phase. Die Konkurrenten Fiat und Magna müssen ihre Übernahmekonzepte vorlegen. Wenn es nach den Gewerkschaften ginge, würde Magna den Zuschlag bekommen.
Die bisher bekannten Interessenten, der italienische Fiat-Konzern sowie der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna, müssen heute im Bundeswirtschaftsministerium ihre Konzepte vorlegen, ebenso eventuelle andere Bieter wie der Finanzinvestor Ripplewood. Eine Entscheidung freilich ist nicht zu erwarten, das bisherige Werben kommt vielmehr einem Warming-Up für die Schlussrunde des Wettbewerbs gleich.
Die Chefs der Interessenten, Fiat-Boss Sergio Marchionne und Magna Europa-Chef Sigfried Wolf, haben ihr Bestes gegeben. Gespräche mit Betriebsräten, Gespräche mit Ministerpräsidenten und Bundesministern, Gespräche mit Vertretern der US-Regierung und nicht zuletzt mit den Verantwortlichen des Mutterkonzerns und Eigentümers General Motors – Wolf und Marchionne haben sich nichts geschenkt in den vergangenen Wochen. Und umgekehrt wurde ihnen nichts geschenkt.
Magna ist Wunschkandidat der Gewerkschaften
Längst ist Opel zum Politikum geworden, Kanzlerkandidat Franz-Walter Steinmeier (SPD) schien die Magna-Leute zu befürworten, selbst Altkanzler Gerhard Schröder, eine Art informeller Russland-Beauftrager seiner Partei, (SPD) soll eingeschaltet worden sein: Magna geht zusammen mit dem russischen Hersteller Gaz und der staatseigenen Sberbank ins Rennen. Abgesehen davon schien Magna der Wunschkandidat der Gewerkschaften zu sein, schon allein deshalb, weil es Fiat aus Sorge vor Werksschließungen durch große Überschneidungen im Pkw-Angebot nicht war. Wirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU) hingegen wurde von Anfang an dem Fiat-Lager zugerechnet, nicht zuletzt, weil er den Vermittler Roland Berger ins Spiel brachte – und der Unternehmensberater arbeitet für Fiat.
Die Italiener hatten es wochenlang mit öffentlich orchestriertem Widerstand zu tun, und Marchionne selbst tappte in rhetorische Fallen, etwa, als er die Opel-Übernahme als Hochzeit im Himmel bezeichnete. Eine Wortwahl, mit der dereinst Daimler-Boss Jürgen Schrempp die Übernahme von Chrysler feierte. Diese Hochzeit geriet zum Trauerspiel. Marchionne musste ein ums andere Mal nachbessern. Der Gedanke, dass die Politik mit Hilfe der Öffentlichkeit einen Verhandlungspoker spielt, ist nicht unbedingt abwegig.
"Offene Pkw-Plattform"
Erstaunlich jedenfalls war, wie häufig hinter den Kulissen von einem guten Magna-Konzept zu hören war, obwohl von dem, anders als bei Fiat, kaum etwas bekannt wurde. Sollen nun die Russen um die Sberbank und Gaz die Mehrheit, Magna selbst knapp 20 Prozent an dem neuen Unternehmen halten? Geht das Konzept über die Erschließung des russischen Marktes hinaus? Zuletzt hieß es noch, Magna wolle in einem losen Verbund Kapazitäten auslasten. Eine „offene” Pkw-Plattform könne von mehreren Marken genutzt werden, und Ford und Peugeot hätten schon Interesse geäußert. Vielleicht erfährt man heute mehr.
Jetzt, kurz vor Konzept-Übergabe, schien allerdings wieder Fiat die Nase vorn zu haben. Jedenfalls sprechen nun einige bisherige Fiat-Gegner von einem geschlossenen Konzept, das die Italiener hätten, von einer klar strukturierten Analyse. Als „geschlossen” dürfte aus der Politik ein Konzept gelten, das für einige Jahre die Standorte weitgehend garantiert und zunächst auf Entlassungen verzichtet. Wie sollten Staatsbürgschaften mit Steuergeld im Wahlkampfjahr sonst zu rechtfertigen sein?
Bundes- und Landesregierungen stecken ohnedies schon in einem Dilemma. Sollte Opel unter die Räder kommen, weil GM Pleite geht und der Insolvenzverwalter aus Amerika das Sagen hat – die Wähler hätten die Schuldigen schnell ausgemacht. Ob GM das Treuhandkonzpet akzeptiert, nach dem ein unabhängiger Verwalter Opel zwischenzeitlich führt, bis der Einstieg der Investoren in trockenen Tüchern ist, steht in den Sternen. Die Vorbereitungen laufen. Landesbankvertreter fuhren gestern nach Berlin, um die Möglichkeit von Kreditvergaben zu diskutieren.