Düsseldorf. Nach dem teilweisen Baustopp für das neue Kohle-Großkraftwerk in Datteln geht die Diskussion um weitere Standorte in NRW weiter. Nach dem drohenden Aus für das Eon-Milliardenprojekt muss die Landesregierung fürchten, dass bis zu 18 weitere Kraftwerks-Standorte vor Gericht gekippt werden.
Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) erteilte dem Landtag am Mittwoch juristischen Nachhilfeunterricht. „Was nicht beklagt wurde, ist noch lange nicht rechtssicher”, befand sie in der hitzigen Debatte um die Zukunft des teilweise gestoppten Kohlekraftwerk-Neubaus in Datteln.
Anlass ihrer Erkenntnis: Nach dem drohenden Aus für das Milliardenprojekt des Energieversorgers Eon muss die Landesregierung fürchten, dass bis zu 18 weitere Kraftwerks-Standorte vor Gericht gekippt werden könnten. Sie macht sich deshalb in aller Eile daran, den Landesentwicklungsplan (LEP) neu zu regeln.
Laut Thoben sind elf der gefährdeten Projekte bereits am Netz, darunter das Braunkohle-Kraftwerk Niederaussem, aber auch Gaskraftwerke wie in Hürth oder Herdecke. Sieben weitere Projekte befinden sich im Bau, etwa das Steag-Kraftwerk Walsum, oder in der Planung wie der fünfte Block des Steag-Kraftwerks Herne. Legt man das Datteln-Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zugrunde, räumte Thoben ein, „so besteht an diesen Standorten überall Klagerecht.” Ihr Haus spricht von „rechtlichen Mängeln, die man heilen muss”.
Zwar stünden die seit 1995 in Betrieb genomenen Kraftwerke auf genehmigten Standorten, sie seien aber nicht durch den LEP abgesichert. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der den Stopp des Projekts in Datteln erwirkt hatte, sieht darin einen Hebel, um auch andere Kraftwerke zu blockieren. Thoben, die den Entwurf für einen neuen LEP erarbeiten lässt, will nun die Regelungen für den Energiebereich vorziehen, um so weiteren Klagen einen Riegel vorzuschieben.
Ob der Schnellschuss erfolgreich sein wird, darüber sind die Meinungen geteilt. Kein Gericht würde über eine Klage gegen einen Kraftwerks-Standort entscheiden, solange das ministerielle LEP-Verfahren nicht abgeschlossen ist, gibt man sich in Düsseldorf überzeugt. Ganz anders sehen das die Naturschützer. Wenn etwa in Datteln die Gesetzeslage „nachträglich den Wünschen von Eon angepasst wird”, sagte Thomas Krämerkämper (BUND) dieser Zeitung, würde das gesamte Genehmigungsverfahren „ad absurdum geführt”.
Für den BUND steht fest, dass das Land „reihenweise Gesetzesverstöße” begangen hat. Gegen einige der von Thoben genannten Projekte wie das Trianel-Kraftwerk in Lünen wird bereits geklagt. Dennoch sieht Krämerkämper vor weiteren Klagen hohe Hürden.