Nürnberg. Die Agentur für Arbeit zieht bei Quelle ein: Nach dem Aus des Versandhändlers verlieren im November tausende Mitarbeiter ihren Job. Deshalb hat die Agentur eigens eine Außenstelle eingerichtet, um dem Ansturm Herr zu werden. Dort gibts nicht nur den Antrag sondern auch psychologische Hilfe
Mit eigenen Beratern bei Quelle will die Bundesagentur für Arbeit (BA) den erwarteten Ansturm Tausender betroffener Mitarbeiter nach dem Aus für das Traditions-Versandhaus bewältigen. Allein im Raum Nürnberg müssten sich bereits zum 1. November 4.000 Quelle-Mitarbeiter arbeitslos melden, sagte der Chef der BA-Regionaldirektion Bayern, Rainer Bomba, am Mittwoch. Bundesweit sind voraussichtlich knapp 7.000 der 10.500 Mitarbeiter der Primondo-Gruppe von der Pleite betroffen.
Die Bundesagentur sicherte ihnen rasche Hilfe zu. «Es geht jetzt darum, pragmatisch und schnell neue Beschäftigung und Qualifizierung zu finden und die rasche Zahlung der Leistungen sicherzustellen», sagte Bomba. Gewerkschaftsvertreter warfen der Bundesregierung und Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg vor, sich nicht ausreichend um die Rettung von Quelle bemüht zu haben.
Krisenambulanz eingerichtet
Der Quelle-Betriebsrat hofft nun auf den Erhalt einzelner Quelle-Standorte, wie etwa das Call-Center in Magdeburg. Auch sei das hochmoderne Quelle-Versandzentrum in Leipzig mit 800 Mitarbeitern für Investoren interessant, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Horst Rieger MDR Info. Er erwarte bis Jahresende Entscheidungen über die weitere Nutzung der Standorte.
Mit einer provisorischen Außenstelle der Arbeitsagentur im Quelle-Versandhaus in Nürnberg soll der erwartete Ansturm der betroffenen Mitarbeiter abgefangen werden. Geplant ist zudem eine psychologische Krisenambulanz im Versandhaus.
Sorge um Jobs bei Quelle-Geschäftspartnern
Die bayerische Arbeitsministerin Christine Haderthauer (CSU) kündigte an, gemeinsam mit der Arbeitsagentur Maßnahmen und Programme auf den Weg zu bringen. Die bisherige bayerische Transfergesellschaft wird aber mit dem Aus für Quelle ihre Arbeit einstellen.
Mit dem Aus für Quelle bahnen sich auch bei dem Druckereiunternehmen Prinovis Einbußen an. «Wir verlieren mit Quelle natürlich einen großen Kunden», sagte ein Sprecher der AP. Wie sich das Ende des Katalogdrucks mittelfristig auf Prinovis auswirke, sei noch unklar. Ein Personalabbau stehe aktuell nicht an.
Ein Postsprecher erklärte, noch sei nicht absehbar, ob und in welchen Ausmaß die Quelle-Pleite auch Stellenstreichungen bei der Posttochter DHL nach sich ziehen werde. «Wir müssen die Situation jetzt erst einmal in Ruhe analysieren», betonte er. Insgesamt arbeiten nach Unternehmensangaben rund 3.000 DHL-Beschäftigte in der Logistik direkt für Arcandor.
Bundesregierung rechnet mit Erstattung von Massekredit
Verdi-Handelsexperte Johann Rösch sagte, er habe den Eindruck, Insolvenzverwalter Görg habe mit der Abwicklung des Versandhauses einen einfacheren Weg gewählt, als er nach außen hin kommuniziert habe. Gewerkschafter machten auch die Regierung für das Aus von Quelle mitverantwortlich. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Ernst Sindel, kritisierte das «elende Gezerre» um die Finanzierung der Quelle-Rettung.
Der Staat habe Quelle «im Rahmen dessen, was gesetzlich möglich und vertretbar war, geholfen», erklärte dagegen der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Steffen Moritz. Die Bundesregierung rechne nun mit einer Erstattung ihres Anteils an dem 50-Millionen-Euro-Massekredit für Quelle, den sie gemeinsam mit Bayern und Sachsen initiiert hatte, sagte er. In erster Linie gehe es jedoch darum, dass sich die Bundesanstalt für Arbeit nun um die arbeitslos gewordenen Mitarbeiter kümmere, fügte Moritz hinzu. (ap)