Essen/München. Zwölf Konzerne, darunter RWE und Eon, haben einen ehrgeizigen Plan: Sie wollen die Wüsten Afrikas zur Stromgewinnung nutzen. Dafür starteten sie am Montag das Projekt Desertec. Trotz des euphorischen Startschusses wächst auch die Kritik an dem Vorhaben.

In München ist am Montag der Startschuss für eines der weltweit ehrgeizigsten Projekte zu erneuerbaren Energien gefallen. Eine Gruppe von zwölf Konzernen gründete die Initiative Desertec, wie das Versicherungsunternehmen Münchner Rück mitteilte. Ziel ist die Gewinnung von Solar- und Windenergie in den Wüsten Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens. Bis zum Jahr 2050 soll der durch Hochspannungsnetze transportierte Ökostrom bis zu 15 Prozent des europäischen Stromverbrauchs ausmachen.

"Wir verfolgen einen großen Plan», sagte Torsten Jeworrek, Vorstandsmitglied der Münchner Rück. Das ökologische wie wirtschaftliche Potenzial von Desertec sei enorm. «Wir werden alles tun, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.» Neben der Münchner Rück sind etwa Siemens und ABB, die Deutsche Bank und die HSH Nordbank, die Energiekonzerne Eon und RWE oder das Solarunternehmen Schott Solar beteiligt.

Beteiligte wehren sich gegen Kritik

Ein Termin für den Baubeginn der geplanten Solarenergie-Kraftwerke und Windparks ist allerdings noch offen. Kritiker halten den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland für sinnvoller.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Desertec-Stiftung, Gerhard Knies, wies schon vorab Kritik an dem Wüstenstromprojekt zurück. Der Physiker sagte dem Deutschlandradio Kultur, das Projekt sei umsetzbar, könne technisch sofort begonnen werden und sei bereits mittelfristig billiger als Stromerzeugung durch Kohle-, Öl- oder Kernkraftwerke.

Firmen hinter Desertec

Insgesamt zwölf Unternehmen wollen sich an der Gründung der Wüstenstrom-Initiative Desertec beteiligen. Im Folgenden die Namen der Unternehmen, die die Grundsatzvereinbarung unterzeichnet haben:

- Münchener Rück

- Siemens

- Deutsche Bank

- RWE

- Eon

- MAN Solar Millennium

- HSH Nordbank

- ABB

- ABENGOA Solar

- Cevital

- M+W Zander

- Schott Solar

Bis zum Jahr 2050 könnten etwa 17 Prozent des Stroms in Europa aus diesen Quellen in Nordafrika kommen. Desertec sei auch ein Vorteil der beteiligten afrikanischen Länder, sagte Knies dem Sender zufolge: «Wir nehmen ihnen überhaupt nicht die Wüsten weg, sondern wir werten ihre Wüsten auf.»

Der Desertec-Aufsichtsratschef klagte über «eine sehr effiziente Lobbyarbeit der Atomenergiekraftwerksbauer». Diese wirke sich dahingehend aus, dass den afrikanischen Ländern Atomkraft als Alternative angeboten werde.

RWE-Chef: Bisher ist desertec nur eine Idee

Am Wochenende hatte schon Siemens-Chef Peter Löscher Kritik an Desertec zurückgewiesen. Löscher bestritt im «Spiegel» den Vorwurf, es sei unwirtschaftlich, in Afrika gewonnenen Strom aus Solarkraftwerken über Verteilnetze nach Europa zu transportieren. «Stromautobahnen können heute technisch und wirtschaftlich höchst effizient sein», sagte Löscher.

Löscher wies auch Kritik zurück, die Regierungen vieler betroffener Länder seien vorher nicht gefragt worden: Bei dem Vorhaben seien auch Vertreter aus dem arabischen Raum und Afrika maßgeblich eingebunden, betonte der Siemens-Chef. Die Anlagen in der Wüste wären zudem eine «Riesenchance für Afrika und jede andere Region mit entsprechendem Sonneneinfall».

RWE-Chef Jürgen Großmann verwies in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» allerdings darauf, dass es sich bei dem Vorhaben bisher lediglich um eine Idee handle. Bevor daraus ein Projekt «und dann möglicherweise eine Investition» werde, müsse sie genau überprüft werden. Wenn das Projekt machbar sei, sei RWE aber mit dabei. Der Wüstenstrom könne Kohle- und Atomkraft aber nicht schon in zehn Jahren ersetzen. Eine solche Prognose sei nicht seriös, sagte Großmann. (afp)