Essen. Nächster Einbruch der Baugenehmigungen verschärft die Lage im Ruhrgebiet. Wo zwischen Duisburg und Dortmund noch gebaut wird – die Städtedaten.
Die Wohnungskrise in NRW wird sich weiter zuspitzen – und zwar vor allem dort, wo sie bereits am größten ist: In den Ballungsräumen. Darauf lassen die Zahlen der Baugenehmigungen aus dem vergangenen Jahr schließen, die das Landesstatistikportal IT.NRW am Mittwoch veröffentlicht hat. Demnach genehmigten die Ämter in NRW den Bau von durchschnittlich 24 neuen Wohnungen je 10.000 Einwohner. Um das bundesweite Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen, müssten es genau doppelt so viele sein. Diesen Zielwert erreichte in NRW nur der Kreis Steinfurt mit 46,8 Wohnungen je 10.000 Einwohner.
In den meisten Ruhrgebietsstädten ist absehbar, dass in diesem Jahr nur ein Bruchteil dessen gebaut wird, was nötig wäre, um den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten. In Herne als landesweitem Schlusslicht wurden nur sechs Wohnungen je 10.000 Einwohner genehmigt, in Bochum mit 7,5 Wohnungen und Hagen mit 7,8 kaum mehr. Einzig Dortmund sticht im Ruhrgebiet positiv heraus und kommt mit 24,3 Wohnungen je 10.000 Einwohner zumindest auf den Landesschnitt.
Herne, Bochum und Hagen liegen landesweit beim Neubau hinten
Für so viele bzw. wenige Wohnungen wurden in den Ruhrgebietsstädten und Kreisen 2023 Baugenehmigungen erteilt:
- Herne: 6,1 Wohnungen je 10.000 Einwohner
- Bochum: 7,5
- Hagen: 7,8
- Bottrop: 9,1
- Oberhausen: 11,4
- Gelsenkirchen: 12,4
- EN-Kreis: 14,8
- Duisburg: 15,8
- Kreis Recklinghausen: 16,2
- Kreis Mettmann: 17,5
- Mülheim: 19,0
- Unna: 19,4
- Kreis Wesel: 21,7
- Dortmund: 24,3
- Düsseldorf: 35,8
- NRW-Durchschnitt: 24,0
Insgesamt erteilten die Bauämter der NRW-Kommunen im vergangenen Jahr Baugenehmigungen für 43.603 Wohnungen. Das waren 15 496 oder gut ein Viertel weniger als im bereits schwachen Jahr 2022. Damit ist absehbar, dass sich die Krise am Bau und mit ihr der Wohnungsmangel weiter verschärfen wird.
Mieten drohen zwischen Duisburg und Dortmund weiter zu steigen
Was in den Metropolstädten Düsseldorf und Köln bereits seit vielen Jahren zu stark wachsenden Immobilienpreisen und Mieten führt, hat inzwischen auch das Ruhrgebiet erreicht. Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor zwei Jahren und dem Zuzug Hunderttausender Flüchtlinge aus dem zerbombten Land sind auch zwischen Duisburg und Dortmund vor allem bezahlbare Wohnungen knapp geworden. Das hat die Mieten in den Revierstädten zuletzt kräftig steigen lassen - stärker als in anderen NRW-Regionen.
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Dass ausgerechnet in dieser Phase auch noch der Neubau wegbricht, wird die Lage absehbar weiter verschärfen. Die Zinswende im Sommer 2022 hat die Finanzierung von Bauprojekten schlagartig verteuert, gleichzeitig stiegen die Kosten für Baumaterialien sprunghaft an. Das hält Privatleute wie auch die großen Wohnungskonzerne wie Vonovia und LEG davon ab, in neue Häuser zu investieren. Die LEG, zweitgrößter Wohnungskonzern Deutschlands und Marktführer in NRW, hat sich ganz aus dem Neubau verabschiedet. Seine Mieten hat der Düsseldorfer Konzern dagegen zuletzt kräftig angehoben - wie die Konkurrenz und viele private Vermieter auch.
Zehn-Jahres-Tiefstwert bei Ein- und Zweifamilienhäusern
Den Traum vom Eigenheim können sich den Daten zufolge offenkundig immer weniger Menschen an Rhein und Ruhr leisten. Denn die Zahl der genehmigten Einfamilienhäuser brach 2023 heftig ein: Um 40 Prozent auf insgesamt nur noch 6669. Noch stärker die Zahl der genehmigten Zweifamilienhäuser um 46,7 Prozent. So wenige Ein- und Zweifamilienhäuser wurden seit zehn Jahren nicht mehr geplant und genehmigt. Die Zahl der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit drei und mehr Wohnungen sank dagegen „nur“ um 27,7 Prozent.
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Die einzigen, die sich darüber womöglich freuen, sind die Besitzer der bestehenden Häuser. Nachdem ihre Immobilien im vergangenen Jahr und auch zu Beginn dieses Jahres im Zuge der Zinswende erstmals seit langer Zeit an Wert verloren haben, dürfte der wachsende Mangel in diesem Jahr eine Trendwende bei den Immobilienpreisen bewirken. Damit rechnen die Branchen der Makler wie auch der Baufinanzierer und Banken.
Höhere Mieten und niedrigere Reallöhne drücken auf die Konjunktur
Auf der anderen Seite müssen die Mieterinnen und Mieter mit weiter steigenden Kosten für ihre Wohnungen rechnen. Das prognostiziert neben vielen anderen Marktbeobachtern die NRW-Bank. Da im Ruhrgebiet die Mieten stets vergleichsweise niedrig waren, sehen Vermieter hier auch überdurchschnittliches Potenzial für Erhöhungen. In einer Zeit der Konsumflaute, in der die meisten Menschen wegen der hohen Inflation der vergangenen beiden Jahren Reallohnverluste erlitten haben, wäre das ein weiterer Dämpfer für die Konjunktur.
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