Düsseldorf. Die Commerzbank rechnet im Juni mit sinkenden Zinsen. Warum NRW-Chef Mario Peric rät, trotzdem nicht so lange mit dem Immobilienerwerb zu warten.
Die angehobenen Zinsen führen dazu, dass mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Geld auf die hohe Kante legen. In Erwartung von Zinssenkungen rät NRW-Commerzbank-Chef Mario Peric jetzt zum „antizyklischen“ Immobilienkauf oder Wertpapieranlagen. Gleichzeitig weiß er aus einer aktuellen Studie, dass Millionen gar nicht mehr in der Lage sind zu sparen.
Obwohl das private Geldvermögen zuletzt geschrumpft war, trugen Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland im vergangenen Jahr wieder mehr Geld zu den Geldinstituten. Die DZ Bank beziffert die Rücklagen inzwischen auf insgesamt 7,9 Billionen Euro. Den wieder stärkeren Trend zum Sparen bestätigt auch die Commerzbank. Eine von ihr beim Meinungsforschungsinstitut Ipsos in Auftrag gegebene Befragung ergab, dass 75 Prozent der Menschen in NRW Geld auf die Seite legen – 40 Prozent regelmäßig, 35 Prozent unregelmäßig. Knapp die Hälfte schafft monatlich zwischen 150 und 199 Euro auf die Seite.
Anleger bevorzugen Fest- und Tagesgeld
„Das ist sicherlich auf die wichtigsten Bedürfnisse der Befragten zurückzuführen: Sicherheit und Verfügbarkeit“, ordnet Mario Peric, Chef der Commerzbank in NRW und Süddeutschland, die Zahlen ein. „Unsere Kunden sind bereit zu sparen. Festgeld und Tagesgeld sind die bevorzugten Formen“, sagt Peric und prognostiziert: „Aber es wird nicht mehr lange so hohe Zinsen geben. Wir erwarten die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank EZB im Juni.“
Obwohl Neukunden etwa bei Tagesgeldkonten aktuell Zinssätze von drei Prozent und mehr erhalten, glaubt der Banker, dass Anlegerinnen und Anleger ihr Geld schneller vermehren könnten. „Es wird oft renditeschwach gespart. Dabei ist fehlendes Wissen meist der Hauptgrund, nicht in Wertpapiere zu investieren“, meint Peric.
Laut der aktuellen Ipsos-Studie besitzen in NRW zwar 23 Prozent der Bankkunden Aktien, Fonds, ETFs, die die Werte der Dax-Unternehmen repräsentieren, oder andere Wertpapieranlagen. Damit belegt Nordrhein-Westfalen unter den 16 Bundesländern Platz 10. Drei von fünf Befragten gaben aber an, überhaupt keine Anlagestrategie zu haben.
Die traditionelle Skepsis gegenüber Wertpapieren in Deutschland beklagen Bank-Manager seit eh und je. Peric sieht aber Bewegung. „Ich beobachte, dass die junge Generation aufgeschlossener gegenüber Geldanlagen in Wertpapieren ist. Für dieses Bewusstsein wird auch viel im Unterricht an Schulen und Universitäten getan“, sagt der Commerzbank-Bereichsvorstand im Gespräch mit unserer Redaktion und berichtet, dass auch er als ganz junger Mensch Geld mit Aktien verloren habe. „Diese Erfahrung gehört dazu“, meint er.
23 Prozent der Verbraucher können nicht sparen
Aber längst nicht alle Verbraucherinnen und Verbrauch haben am Ende des Monats überhaupt Geld übrig. Der Studie zufolge ist nahezu jeder vierte Verbraucher in NRW (23 Prozent) gar nicht in der Lage zu sparen. „Die Inflation und die vielen verdeckten Preiserhöhungen haben dazu geführt, dass eine wachsende Zahl von Menschen nicht mehr sparen kann“, erklärt Peric besorgt.
Das Einlagenvolumen ist im vergangenen Jahr bei der Commerzbank in Nordrhein-Westfalen dennoch um 9,6 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro gestiegen. Der Wertpapierbestand wuchs um 8,4 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro. Einen Einbruch registrierte das Institut dagegen auf dem Immobiliensektor. „Unser Baufinanzierungsgeschäft im Westen war im vergangenen Jahr um knapp 20 Prozent rückläufig. Das zeigt, dass die hohen Zinsen ein entscheidendes Thema sind. Der Sprung von einem auf fünf Prozent ist schon eine signifikante Erhöhung. Da geht bei vielen Menschen die Kalkulation nicht mehr auf“, erklärt der Bereichsvorstand.
Zinssenkung am 6. Juni erwartet
Angesichts der am 6. Juni erwarteten Absenkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank sieht der Experte aber Anzeichen für eine Wiederbelebung des Immobiliengeschäfts. „Der Markt nimmt die erwarteten Zinssenkungen teilweise vorweg. Die Bauzinsen fallen gegenüber den Höchstständen von Herbst 2023 zum Teil schon wieder unter vier Prozent“, so Peric. Zudem gewöhnten sich die Verbraucher allmählich an die höheren Zinsen. Auch weil die Mieten weiterhin stark steigen und in der Folge die Immobilienpreise in großen Städten wie Düsseldorf nach Erkenntnissen seines Instituts nur moderat um fünf Prozent gefallen seien, rät Peric: „Jetzt, vor der erwarteten ersten Zinssenkung, ist der beste Zeitpunkt für einen antizyklischen Immobilienkauf.“
Der Commerzbank-Manager registriert auch in der Wirtschaft „eine Riesensehnsucht nach der ersten Zinssenkung“, die nach seiner Einschätzung stimulierend auf die derzeit schlechte Stimmung wirken dürfte. „Ich bin zuversichtlich, dass dann auch wieder die Investitionen anziehen werden“, meint Peric. Diese Prognose teilt auch Bereichsvorstand Stefan Otto, der das Firmenkundengeschäft der Commerzbank in West- und Norddeutschland verantwortet. „Trotz einer aktuell spürbaren Investitionszurückhaltung erwarten wir aufgrund der Transformationsherausforderungen, vor denen die Wirtschaft steht, eine steigende Kreditnachfrage“, sagt er.
Mehr Kredite für Firmenkunden der Commerzbank
Im vergangenen Jahr blieb das Geschäft der Commerzbank in NRW mit gewerblichen Kunden nach eigenen Angaben stabil. Im Segment Unternehmerkunden habe das Kreditvolumen bei 4,3 Milliarden Euro und bei Firmenkunden mit bis zu 15 Millionen Euro Jahresumsatz bei 32,2 Milliarden Euro gelegen. Das entspreche einem Plus von 3,3 Prozent.
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