Düsseldorf/Essen. Der Eon-Manager Michael Lewis wird neuer Uniper-Chef. Als Ökostrom-Experte soll er den deutschen Staatskonzern aus seiner Existenzkrise führen.

Ein Brite wird neuer Chef des deutschen Staatsunternehmens Uniper, das der Bund im Dezember dem finnischen Fortum-Konzern abgekauft hat: Der Aufsichtsrat bestellte Michael Lewis (56) zum neuen Vorstandsvorsitzenden, er ist aktuell Großbritannien-Chef von Eon. Diese Besetzung ist zugleich ein erster Fingerzeig der Regierung, was sie mit ihrem gebeutelten Energieriesen vorhat: Lewis ist ein ausgewiesener Experte für Erneuerbare Energien.

Lewis werde „zeitnah“ seinen Job in Düsseldorf antreten, teilte das Unternehmen mit. Denn sein Vorgänger ist bereits weg: Klaus-Dieter Maubach hat sein Amt Ende Februar niedergelegt, zuvor hatte es geheißen, er werde bleiben, bis sein Nachfolger gefunden ist und für einen reibungslosen Übergang sorgen. Das müssen nun die neue Finanzchefin Jutta Dönges und der operative Vorstand Holger Kreetz tun, obwohl sie selbst erst an diesem Mittwoch ihre Vorstandstätigkeit begonnen haben. Sie sollen die Aufgaben des Chefs bis zu dessen Eintreffen übernehmen.

Kompletter Führungswechsel über Nacht bei Uniper

Der Führungswechsel beim größten deutschen Gashändler macht nach außen einen recht hektischen Eindruck: Über Nacht ist der gesamte alte Vorstand verschwunden, der neue noch nicht komplett. Kreetz löste David Bryson ab, Dönges die finnische Finanzchefin Tiina Tuomela. Die frühere Geschäftsführerin der Bundesfinanzagentur ist nun bis zum Eintreffen von Lewis die führende Kraft des Konzerns.

Uniper war im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine und durch den Gaslieferstopp im vergangenen Sommer in Existenznot geraten. Als letzte Rettung blieb nur die Übernahme durch den deutschen Staat, führend vertreten durch Christian Lindners (FDP) Finanzministerium. Dass der vom halbstaatlichen finnischen Fortum-Konzern erst vor zwei Jahren eingesetzte Vorstand ausgetauscht werden würde, galt als ausgemacht, nun ging die personelle Neuaufstellung schneller als erwartet vonstatten.

Dafür, dass Lewis bald seinen neuen Job antreten kann, spricht, dass Eon ihm offenkundig keine Steine in den Weg legen will. „Wir freuen uns für Michael, dass ihm diese exponierte Rolle in der deutschen Energiewirtschaft angeboten wurde und sind überzeugt, dass Uniper mit ihm eine ausgezeichnete Wahl getroffen hat“, sagte Leonhard Birnbaum am Mittwoch, Chef des Essener Dax-Konzerns. Zugleich bedankte sich Uniper-Aufsichtsratschef Tom Blades bei Eon für „die guten Gespräche zum Wechsel von Michael Lewis“.

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Der Brite erhält einen Fünf-Jahres-Vertrag. Blades verteilte reichlich Vorschusslorbeeren: „Um Uniper dauerhaft erfolgreich in der neuen Energiewelt zu verankern, kommt es auf Expertise, Weitblick und Leidenschaft gleichermaßen an. Michael Lewis verbindet diese Eigenschaften in seiner Person, und ist deshalb genau der Richtige, wenn wir jetzt das nächste Kapitel der Unternehmensgeschichte aufschlagen.“ Und er ist offenkundig ein Energiemanager, der im Sinne der Ampel-Koalition den richtigen Schwerpunkt setzt: Lewis nennt den Klimawandel das größte Problem, das die Menschheit lösen muss.

Britischer Eon-Manager soll Energiewende forcieren

In Großbritannien arbeitet der Ingenieur seit fast 30 Jahren im Energiesektor und dort insbesondere am Ausbau Erneuerbarer Energien. So war er auch bei Eon zunächst Chef für Klima und Ökostrom in Großbritannien, bevor er 2017 in der britischen Eon-Zentrale im englischen Coventry die Führung übernahm.

Dabei erwies er sich freilich auch als harter Sanierer: Mit der RWE-Tochter Innogy übernahm Eon 2019 auch deren verlustträchtige britische Tochter NPower. Binnen kürzester Zeit trimmte er sie wieder auf Rendite – auch mit dem Abbau Hunderter Arbeitsplätze. Lewis soll Uniper nun zu einem Konzern umbauen, der an der deutschen Energiewende entscheidend mitwirken – und dabei möglichst bald auch wieder Geld verdienen soll.

Uniper-Chef muss mit der Regierung können

Dabei dürfte ihm entgegenkommen, dass Uniper sein umstrittenes Steinkohlekraftwerk Datteln 4 bis 2026 verkaufen muss. Das ist eine EU-Auflage für die Genehmigung des Staatseinstiegs. Bis 2024 belasten Uniper allerdings die alten Gaslieferverträge, für die das Unternehmen seit vergangenen Sommer teuren Ersatz für das russische Gas an den Tagesmärkten zulaufen müssen. Fast ausschließlich deshalb erlitt Uniper im Kriegsjahr 2022 einen Rekordverlust von 19 Milliarden Euro.

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„Uniper steht vor großen Herausforderungen, vor allem aber vor riesigen Chancen, wenn es darum geht, die Energiewende zu gestalten. Wir werden das mit der allergrößten Verlässlichkeit und Fokussierung tun“, versprach Lewis. Die Arbeitnehmerseite traut ihm das offenbar zu. Lewis sei „ein Energiemanager, der für Zukunftsthemen und die grüne Transformation steht“, erklärte Konzernbetriebsratschef Harald Seegatz.

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Was Lewis ebenfalls helfen könnte, ist seine geübte Ansprache an die Politik. In Großbritannien setzte er sich in einigen Interviews, etwa auf BBC, leidenschaftlich für staatliche Hilfen ein, um die drohende Energiearmut im Land zu bekämpfen. In Deutschland kann und muss er künftig direkt mit der Regierung reden – als Uniper-Eigentümerin.