Düsseldorf/Datteln. Brüssel genehmigt den Staatseinstieg bei Uniper, aber die Auflagen sind nicht ohne: Vor allem der Verkauf von Datteln 4 dürfte schwierig werden.

Deutschland darf den Düsseldorfer Uniper-Konzern mit 33 Milliarden Euro retten. Die EU-Kommission gab dazu wie zuvor angekündigt grünes Licht. Doch die bisher nicht bekannten Brüsseler Auflagen für die Genehmigung der Staatshilfen haben es in sich. Eine davon ganz besonders: Uniper muss sein Steinkohlekraftwerk Datteln 4 verkaufen. Wer den hoch umstrittenen Koloss, gegen dessen Betrieb nach wie vor diverse Gerichtsverfahren laufen, kaufen soll, ist nun die große Frage.

Nachdem die Hauptversammlung von Uniper am Montag und nun die EU-Kommission dem Staatseinstieg zugestimmt haben, geht alles sehr schnell: Deutschland übernimmt alle Aktien des finnischen Mehrheitsaktionärs Fortum, kauft neue Aktien für 25 Milliarden Euro und hält dann 99 Prozent am Energieerzeuger und Gashändler. Uniper vollzog noch am Mittwoch den ersten Teil der Kapitalerhöhung und gab Aktien im Wert von 5,54 Milliarden aus.

Uniper muss Geschäfte bis 2026 verkaufen

Uniper hat durch die massiven Staatshilfen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten – andernfalls wäre das Unternehmen schließlich pleite. Um das zu kompensieren, müssen die Düsseldorfer sich von einigen Geschäften trennen. Dazu gehören das Stromgeschäft in Nordamerika, die russische Tochter Unipro und ein ungarisches Gaskraftwerk sowie mehrere Beteiligungen an Gaspipelines. In Deutschland muss das inzwischen in den SDax abgerutschte Unternehmen neben Datteln 4 auch sein Fernwärmegeschäft abgeben. Für die Erfüllung der EU-Auflagen hat Uniper bis 2026 Zeit. Gleichzeitig hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die meisten Aktien bis 2028 wieder zu verkaufen und ihren Anteil bis dahin auf höchstens 25 Prozent plus eine Aktie zu senken.

Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Harald Seegatz, sieht in den Auflagen „harte Einschnitte“. Besonders der Verkauf von Datteln 4 und des Fernwärmegeschäfts sei für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen schmerzlich. Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach von „Beihilferegeln mit Augenmaß“. Zwar würden Marktmöglichkeiten beschnitten, aber nicht so, dass das Unternehmen keine Gewinne mehr machen könne. Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach betonte, er setze alles daran, für die zu veräußernden Anlagen und Geschäfte „die besten Eigentümer zu finden“.

Deutsche Bahn ist Hauptkundin von Datteln 4 – beides gehört dem Staat

Das wird allerdings besonders für das letzte in Deutschland ans Netz genommene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 nicht einfach. Maubach hat immer wieder erklärt, es bis 2038 betreiben zu können, aber auch betont, für andere Lösungen, sprich eine frühere Abschaltung, gesprächsbereit zu sein. Schon als das Großkraftwerk mit neunjähriger Verspätung im Mai 2020 ans Netz ging, galt das nicht nur Kohlekraftgegnern als Anachronismus – schließlich hatte Deutschland gerade den beschleunigten Kohleausstieg beschlossen. Sowohl die Deutsche Bahn als Hauptkundin als auch RWE versuchten, aus ihren lange zuvor geschlossenen Abnahmeverträgen herauszukommen.

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Hier wird es pikant – über den Bahnstrom aus Datteln kann die Bundesregierung nun praktisch mit sich selbst verhandeln: Ihr Staatsunternehmen Deutsche Bahn bezieht zwei Drittel des in Datteln produzierten Stroms, ohne sie wäre der 1,1-Gigawatt-Block womöglich nie gebaut worden. Zur seit Jahren von allen Regierungen forcierten Strategie, die Bahn solle nur noch mit grünem Strom fahren, passt das schon lange nicht mehr. Nun kauft der Staat mit Uniper eben jenes Kraftwerk gleich mit. Und soll es auf Geheiß aus Brüssel wieder verkaufen.

Zu Datteln 4 gibt es juristische Risiken gratis dazu

Doch wer es kauft, erwirbt den Umstand mit, dass Datteln 4 nach wie vor die Gerichte beschäftigt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte 2021 den Bebauungsplan durch die Stadt Datteln für unwirksam erklärt. Dafür steht die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig aus. Die 2017 erteilte Betriebsgenehmigung kassierte das OVG nicht. Dagegen sind aber ebenfalls noch drei Klagen vor einem anderen Senat des OVG anhängig. Sie ruhen, bis Leipzig über den Bebauungsplan entschieden hat.

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Dieses juristische Risiko dürfte das Interesse potenzieller Käufer und damit auch den Preis schmälern, ebenso das Wissen, dass Uniper Datteln 4 verkaufen muss.

Den Unipro-Verkauf behindern die russischen Behörden

Kein Selbstläufer ist auch der ohnehin geplante Verkauf der russischen Tochter Unipro. Maubach hat sie längst ins Fenster gestellt und inzwischen, so heißt es, auch einen Käufer gefunden. Nur passt das offenbar der russischen Regierung nicht in den Kram, die Aufsichtsbehörden im Reich Putins verweigern dem Deal bisher ihre Zustimmung.

Auch auf die künftigen Geschäfte will die EU Einfluss nehmen: Bis Ende 2026 darf Uniper nur Firmen kaufen, die für den Fortbestand des Unternehmens oder für die Dekarbonisierung des Geschäfts notwendig sind, lautet eine weitere Auflage. mit dpa