Essen. Der Essener Eon-Konzern hat seine Strompreise im Januar nicht angehoben. In diesen Tarifen steigen die Preise zum 1. März dafür umso stärker.

Bisher überließ Eon den Stadtwerken die schlechten Nachrichten, nun hebt auch Deutschlands größter Stromversorger die Preise für Privatkunden in mehreren Tarifen drastisch an. In Schreiben an Kundinnen und Kunden, die unserer Redaktion vorliegen, kündigt Eon eine Verdopplung der Arbeitspreise zum 1. März an.

Im Tarif „Strom stabil“ steigt der Arbeitspreis für die Kilowattstunde (kWh) demnach von 26,93 Cent auf 50,11 Cent. Im Tarif „Eon Strom“ wird der Preis mehr als verdoppelt – von 24,02 auf 49,72 Cent. Der Grundpreis inklusive Zähler bleibt jeweils unverändert. Die Preise in der Grundversorgung bleiben dagegen im Ruhrgebiet zunächst stabil, wie der Konzern auf Anfrage unserer Redaktion erklärte. Eon ist in vielen Städten auch Grundversorger, im Ruhrgebiet etwa in Essen und Castrop-Rauxel. Bundesweit beliefert Eon jeden dritten Haushalt mit Strom.

Eon mit Arbeitspreis deutlich über dem Durchschnitt

„Bei verschiedenen Strom-Sonderverträgen lässt sich eine Preisanpassung zum 1. März 2023 bedauerlicherweise nicht vermeiden“, erklärte ein Eon-Sprecher. Diese Kunden kämen „größtenteils von einem sehr niedrigen Preisniveau, das der Marktlage, wie wir sie bereits seit mehr als einem Jahr sehen, nicht mehr entspricht“, sagte er.

Eon liegt mit den Arbeitspreisen um die 50 Cent in diesen Tarifen nun allerdings über dem Durchschnittspreis von rund 48,20 Cent, den das Vergleichsportal Verivox in diesem Januar für Deutschland angibt. In Nordrhein-Westfalen ist Strom laut einem Länderauswertung des Vergleichsportals „Strom Auskunft“ mit 43,57 Cent allerdings deutlich günstiger. Auch die Stadtwerke, die im Ruhrgebiet Grundversorger sind, bleiben darin sämtlich unter der 50-Cent-Marke.

podcast-image

Die meisten Anbieter haben ihre Preise bereits zum 1. Januar erhöht oder dies zum 1. Februar angekündigt. Im Ruhrgebiet berechnet Duisburg nur 33,74 Cent je kWh, Bochum 44,17 Cent, Dortmund 43,03 Cent, die Emscher Lippe Energie (ELE) beliefert Haushalte in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck mit Grundversorgungsstrom für 43,96 Cent. Die Stadtwerke Witten erhöhen zum 1. Februar um rund sieben Cent auf 47,27 Cent.

Stadtwerke Essen doppelt so teuer wie Eon in der Grundversorgung

Eon selbst nimmt bisher als Grundversorger in Essen und Castrop-Rauxel nur 30,85 Cent für die Kilowattstunde. Dass die Stadtwerke Essen den Strompreis für Neukunden im neuen Jahr auf satte 61,81 Cent erhöht haben, treibt viele Haushalte am Sitz des Dax-Konzerns in die Grundversorgung – also zu Eon, worüber man sich in der Zentrale an der Messe Essen mutmaßlich gar nicht so sehr freut.

Nun dürften viele Essener Eon-Kunden, deren Sondertarife im März deutlich teurer werden, darüber nachdenken, von ihrem Sonderkündigungsrecht in solchen Fällen Gebrauch zu machen. Sie würden dann in die Grundversorgung rutschen – und beim selben Anbieter rund 20 Cent weniger zahlen.

Wechsel in die Grundversorgung kann sich lohnen

Die Versorger müssen Preiserhöhungen mindestens vier Wochen im Voraus ankündigen. Die Kundinnen und Kunden haben bis zum letzten Tag, an dem noch der alte Preis gilt, das Recht zu kündigen. Wer keinen neuen Anbieter findet oder finden will, rutscht automatisch in die Grundversorgung. Was vor Beginn der Energiekrise meist die teuerste Variante war, ist inzwischen fast immer die günstigste. Wer seinen alten Vertrag kündigt und keinen neuen abschließt, sollte dies seinem Grundversorger mitteilen, was meist die örtlichen Stadtwerke sind.

Der Wechsel aus einem teuren Sondertarif in die Grundversorgung kann sich demnach in vielen Fällen lohnen, wie auch die Verbraucherzentrale NRW seit Monaten betont. Wechsel von einem in einen anderen Sondertarif am freien Markt lohnen sich in der aktuellen Ausnahmesituation so gut wie gar nicht mehr – zum Leidwesen der Stromvergleichsportale.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier:

Allerdings rechnen Marktbeobachter damit, dass der Vorteil der Grundversorger nicht von Dauer sein wird. Sie sind derzeit günstiger, weil sie in der Regel langfristiger eingekauft haben. Sobald sie neue Strommengen im Voraus ordern müssen, dürften sich ihre Preise denen in den Sondertarifen angleichen. Grundversorger können steigende Kosten jederzeit auf die Preise draufschlagen, sie müssen allerdings sechs statt vier Wochen vor einer Erhöhung darauf hinweisen.

Was bei einer Wechselabsicht mitberücksichtigt werden sollte, ist zudem die Strompreisbremse. Denn wie viel teurer es für den einzelnen tatsächlich wird, ist seit diesem Jahr gar nicht so leicht zu berechnen. Die Strompreisbremse deckelt für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs den Strom-Arbeitspreis auf 40 Cent/kWh. Nur für den Strom, der darüber hinaus verbraucht wird, berechnet der Anbieter seinen Marktpreis, für den großen Rest erhält er die Differenz vom Staat erstattet.

Preisdeckel fängt einiges auf

Während bei Versorgern wie den Stadtwerken Duisburg, die darunter liegen, der Deckel gar nicht greift, beginnt bei anderen das Rechnen. Bei den Stadtwerken Witten etwa steigt der Verbrauchspreis zum 1. Februar von 40,08 auf 47,27 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Verbrauch von 3000 kWh im Jahr zahlt ein Haushalt für die ersten 2400 kWh sogar je 0,8 Cent weniger, für jede darüber 7,19 Cent mehr. Ob es für ihn im Vergleich zum bis Dezember gültigen Preis günstiger oder teurer wird, liegt ganz an seinem Verbrauch. So oder so hält der Preisdeckel die Mehrbelastung in Grenzen.