Bochum. Die Stadtwerke Bochum haben 54.000 Kunden gekündigt und neue Gas- und Stromverträge angeboten. Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Mehrfach sind die Energiepreise in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen. Dreimal haben die Stadtwerke Bochum allein den Gaspreis angehoben. Und die Verteuerung beim Strom zum 1. Januar 2023 fällt mit 57 Prozent auf einen Schlag so happig aus wie keine andere über alle Energieangebote —Strom, Gas, Fernwärme, Wasser – hinweg. Das und vieles andere wirft Fragen bei den 190.000 Strom- und 60.000 Gaskunden auf. Wir haben sie gebündelt.
Welche Reaktionen haben die Stadtwerke auf die angekündigten Preiserhöhungen erhalten?
„Uns erreichen aktuell sehr viele Kundenanfragen“, sagt Stadtwerke-Sprecher Christian Seger. „Im Moment gehen täglich zwischen 3000 und in Spitzenzeiten 5000 Anrufe am Tag ein.“ Zum Vergleich: An „normalen Tagen“ rufen 800 Kunden täglich bei dem Energieversorger an. Seger: „Wir merken, dass es zum Teil große Unsicherheiten bei den Kunden gibt. Die Anfragen beziehen sich vorrangig auf die Umsetzung der geplanten Hilfen, also auf den Dezember-Abschlag sowie die Strom- und Gaspreisbremsen, auf die Anpassung der Abschläge und auf die Tarifberatung.“
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Haben die Stadtwerke Kunden gekündigt?
37.000 Strom- und etwa 17.000 Gaskunden haben die Stadtwerke gekündigt. Bestandskunden mit „StadtwerkeFix“-Verträgen und anderen Tarifen haben ein neues Fix-Vertragsangebot erhalten, heißt es. Die neuen Verträge können bis zum 31. Dezember zurückgesandt werden. „Als Alternative zu diesem Tarif wird aktuell nur noch der Stadtwerke-Basis-Tarif, also die Grundversorgung, angeboten“, so der Sprecher.
Haben Stadtwerke-Kunden selbst ihre Verträge gekündigt?
Noch gebe es dazu keine Auswertung. „Wir gehen aktuell von wenigen Kündigungen aus.“
Auf welche Preisveränderungen müssen sich Stadtwerke-Kunden einstellen?
Bochumer Gaskunden mit einem „StadtwerkeBasis-Vertrag“ und einem durchschnittlichen Gasverbrauch von 7500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr müssen von Januar 2023 an gegenüber der letzten Preiserhöhung im Oktober mit einer monatlichen Mehrbelastung von 4,88 Euro brutto rechnen. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 15.000 kWh sind es 9,75 Euro brutto mehr monatlich. Beides entspricht einer Erhöhung um sechs Prozent. Bereits im Mai und Oktober 2022 waren die Gaspreise aber bereits um erst 15 und dann sogar um 35 Prozent gestiegen. Gegenüber November 2021 steigen die Gaspreise demnach insgesamt um deutlich mehr als 50 Prozent.
Bochumer Stromkunden mit einem „StadtwerkeBasis-Vertrag“, die durchschnittlich 2000 kWh pro Jahr verbrauchen, müssen von Januar 2023 an mit einer monatlichen Mehrbelastung von 31,22 Euro brutto rechnen. Das ist ein Anstieg um 57 Prozent gegenüber Juli 2022, als die Strompreise wegen des Wegefallens der EEG-Umlage um zwölf Prozent gesunken waren. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 3500 kWh müssen Stromkunden monatlich 54,63 Euro brutto mehr bezahlen. Unterm Strich sind das sogar 63 Prozent mehr als noch im Juli. Strom und Gas sind damit beide binnen weniger Monate um mehr als 50 Prozent teurer geworden.
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Wie werden sich die Strom- und Gaspreisbremse für die Kunden auswirken?
Auf Basis der aktuell vorliegenden Informationen ergeben sich in der Grundversorgung folgende Erstattungsbeträge: Bei einem Stromverbrauch von jährlich 2000 kWh fallen ohne Preisbremse 1028,26 Euro an, mit Preisbremse sind es 961,49 Euro. Die Einsparung pro Jahr beträgt also 66,76 Euro. Bei einem Verbrauch von 3500 kWh sparen Kunden 116,84 Euro, die Jahreskosten sinken mit der Preisbremse von 1690,85 Euro auf 1574,01 Euro.
Beim Gas sieht die Rechnung so aus: Wer 7500 kWh jährlich verbraucht, der bezahlt ohne Preisbremse 1069,36 Euro und mit Preisbremse 1007,40 Euro, wird also 61,96 Euro sparen. Bei einem Verbrauch von 15.000 kWh beträgt die Ersparnis 17,34 Euro. Die jährlichen Kosten mit Preisbremse werden von 2002,22 Euro auf 1984,88 Euro sinken.
Moniert wird von WAZ-Leserinnen und -lesern, dass die mit den neuen Vertragsangeboten geschickten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB) sehr klein und kaum leserlich gedruckt seien. Welche Begründung gibt es dafür?
„Unsere Kundenanschreiben zu Preiserhöhungen, Kündigungen und neuen Vertragsangeboten sind zum Teil sehr umfangreich“, so Stadtwerke-Sprecher Seger. Alle Erläuterungen können bis zu sieben Seiten umfassen. „Wir halten die Darstellung der AGBs daher absichtlich klein, um die Briefe nicht noch umfangreicher gestalten zu müssen.“ Mehr als 60.000 Kunden nutzten bereits papierfrei das Online-Kundencenter. Die Geschäftsbedingungen können auf der Webseite der Stadtwerke eingesehen und im PDF-Format beliebig vergrößert und ausgedruckt werden.
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Für Ärger hat offenbar der Passus in einem Stadtwerke-Schreiben gesorgt, in dem es heißt: „Auf Ihren Wunsch haben wir den Abschlag erhöht“. Der Angeschriebene, ein Bezieher von Transferleistungen, hat nun Schwierigkeiten mit dem Jobcenter.
Um hohe Nachzahlungen zu vermeiden, haben die Stadtwerke nach eigenen Angaben die Abschläge der Kunden automatisch angehoben: bei Gas seit Oktober um etwa 50 Prozent und bei Strom ab Januar 2023 um etwa 40 Prozent. „Wir arbeiten eng mit Jobcenter zusammen und haben es auch über diese Vorgehensweise informiert“, so der Sprecher. Allen Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten biete der Energieversorger mit der Sperrandrohung eine Abwendungsvereinbarung an, um monatliche Raten zu vereinbaren und damit Strom- und Gassperren zu vermeiden.