Essen. In NRW wollen Obi, Media Saturn, P&C und Breuninger am OVG Münster das Lockdown-Ende erzwingen. Sie wollen wie Friseure und Gartencenter öffnen.
In Friseursalons dürfen ab Montag wieder Haare geschnitten werden, einige Baumärkte haben zumindest ihre Gartenabteilungen für Privatkunden geöffnet, reine Gartencenter und Blumenläden blieben in NRW ohnehin vom Lockdown verschont. Wirklich strikt schließen müssen nach wie vor Läden, die weder Lebensmittel noch andere verderbliche Waren verkaufen. Weil sie befürchten, dass das auch nach dem 7. März so bleibt, wollen mehrere große Handelsketten nun die Wiedereröffnung ihrer Läden vor Gericht erzwingen.
Sie wenden sich an den Oberverwaltungsgerichten (OVG) gegen die Corona-Schutzverordnung des jeweiligen Landes, pochen auf Gleichbehandlung mit jenen Branchen, die öffnen dürfen. Die meisten Klagen sind bisher im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW anhängig, beim OVG in Münster. Es lägen vier Klagen vor – von Media Saturn, dem Baumarktriesen Obi sowie den Textilketten Peek & Cloppenburg und Breuninger, sagte ein Gerichtssprecher unserer Redaktion. Wann mit Entscheidungen über die Eilanträge zur Aufhebung der Zwangsschließungen zu rechnen sei, konnte er noch nicht abschätzen.
Sorge vor nächstem Gipfel mit Merkel
Der Frust sitzt tief in den Modeboutiquen, Schuhläden und allen anderen Geschäften, die bei der Öffnungsdebatte bisher keine Rolle spielen. Am 3. März steigt der nächste Gipfel, auf dem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten entscheiden wollen, wie es nach dem zunächst bis 7. März geltenden Lockdown weiter geht.
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Zunehmend sauer sind sie auch deshalb, weil andere ihr Kerngeschäft unterhalb des Corona-Radars übernehmen: So verkaufen Supermärkte Toaster, Föhne und Kaffeemaschinen, die im Media Markt liegen bleiben. Und Discounter machen derzeit sehr gute Umsätze mit Fleecejacken, Schuhen und Kinderkleidung, die dem Textil- und Schuhhandel entgehen.
Media Markt und Saturn sehen Wettbewerbsverzerrung
Die Elektronik-Schwesterketten Media Markt und Saturn klagen deshalb gemeinsam nicht einfach auf Öffnung, sondern für den Fall, dass dies abgelehnt wird, ersatzweise darauf, dass so genannten „Mischsortimentern“ der Verkauf von Elektronikware verboten wird. Denn das sei „eine klare Wettbewerbsverzerrung“, schimpft Florian Gietl, Deutschland-Chef von Media-Saturn. „Die bereits seit mehr als zwei Monaten bestehenden Betriebsschließungen in Deutschland sind unverhältnismäßig.“ Die ständige Fortsetzung von Geschäftsschließungen dürfe „kein Ersatz für eine politische Strategie“ sein.
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Gietl fordert stattdessen ein intelligentes Kontaktpersonen-Management und die Ausweitung von Tests und Impfungen, um den Lockdown beenden zu können. Bernhard Düttmann, Chef der Media Markt- und Saturn-Muttergesellschaft Ceconomy, hatte unlängst gesonderte Öffnungszeiten für bestimmte Personengruppen ins Spiel gebracht. Demnach könnten zu bestimmten Tageszeiten jeweils nur Ältere und andere Risikogruppen, Berufstätige oder Jugendliche in die Märkte gelassen werden, sprich unter sich bleiben.
Öffnungsperspektive für Gastronomie und Sport
Alle betroffenen Branchen erwarten vom nächsten Gipfel zumindest eine Öffnungsperspektive. Kanzlerin Merkel äußerte sich zuletzt aber wegen der inzwischen kaum mehr sinkenden Infektionszahlen skeptisch. Schrittweise Öffnungen in Verbindung mit vermehrten Corona-Tests brachte sie für drei Bereiche ins Spiel: für persönlichen Kontakte, Schulen und Sport sowie Restaurants und Kultur. Der Handel ist nicht dabei. Demnach würde für ihn weiter gelten, dass erst ab einer Infektions-Inzidenz von 35 Öffnungen erlaubt werden. Dieser Wert stagniert aber seit Tagen um die 60.
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Was es für die Innenstädte und Einkaufszentren bedeuten würde, wenn die Läden weiter auf unbestimmte Zeit dicht bleiben, treibt die gesamte Branche um, auch die Händler, die nicht vor Gericht ziehen. „Insgesamt gibt es in Deutschland rund 200.000 Non-Food-Einzelhändler mit 1,6 Millionen Beschäftigten, die vom Lockdown betroffen sind“, ruft Heinrich Deichmann in Erinnerung, Chef der größten Schuhkette in Europa. Immer mehr Fachhändler gerieten in Existenznot.
Deichmann-Chef warnt vor Verödung der Innenstädte
„Selbstverständlich muss der Gesundheitsschutz der Menschen bei allen Überlegungen oberste Priorität haben“, sagt Deichmann, gibt gleichwohl zu bedenken: „Es besteht aber auch die akute Gefahr, dass viele Menschen in der Branche in den nächsten Monaten ihren Arbeitsplatz verlieren und dass Ladenschließungen zur Verödung von urbanen Räumen führen.“ Deshalb brauche der stationäre Handel alternative Öffnungskonzepte.