Düsseldorf. Im Zuge der Wirtschaftskrise erwarten Experten für das kommende Jahr einen deutlichen Anstieg der Überschuldungs-Fälle, nachdem die Zahl in diesem Jahr noch zurückgegangen war. Besonders betroffen sind Männer und junge Menschen. Die Stadt mit der höchsten Schuldnerquote liegt in NRW.

Mit der steigenden Arbeitslosigkeit wächst für viele Haushalte in Deutschland in den nächsten Monaten die Gefahr der Überschuldung. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform geht davon aus, dass 2010 rund 6,5 Millionen Verbraucher ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen können, 300.000 mehr als in diesem Jahr. Damit könnte fast jeder zehnte Bundesbürger über 18 Jahre in die Schuldenfalle geraten.

Die für 2010 erwartete Zunahme der Überschuldungsfälle signalisiert eine Wende zum Schlechteren, wie Creditreform-Vorstand Helmut Rödl am Mittwoch bei der Präsentation des „Schuldneratlas Deutschland 2009“ in Düsseldorf betonte. In den vergangenen beiden Jahren war die Zahl der zahlungsunfähigen Verbraucher deutlich zurückgegangen - allein 2009 um 680.000.

Vor allem die positive Entwicklung im laufenden Jahr überraschte die Experten. Verantwortlich für den Rückgang seien vor allem der bislang stabile Arbeitsmarkt und die gesunkenen Preise für Energie und Lebensmittel gewesen, sagte Rödl. Außerdem hätten viele Bundesbürger den Gürtel enger geschnallt. „Die Menschen haben in der Krise über ihre Situation nachgedacht und versucht, dem Schuldendilemma zu entkommen.“

Überschuldung ist Männersache

Doch nun stünden die Zeichen wieder „auf Sturm“, meinte der Experte. Im kommenden Jahr drohe ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit und damit auch der Überschuldungsfälle.

Dabei ist schon jetzt die Situation insgesamt alles andere als rosig. Rund 6,2 Millionen Menschen über 18 Jahre sind nach Angaben von Creditreform derzeit in Deutschland überschuldet oder in finanziellen Schwierigkeiten, insgesamt liege das Schuldenvolumen je nach Berechnungsmethode zwischen 176 und 228 Milliarden Euro. Die mittlere Schuldenhöhe beträgt 39.300 Euro pro Person.

Eine Erkenntnis der Erhebungen: Überschuldung ist überwiegend Männersache. Das starke Geschlecht stellt zwei Drittel der Schuldner. Außerdem sind die Verbindlichkeiten der Männer durchschnittlich um 5.000 Euro höher als die der Frauen. Doch dieser Unterschied werde geringer.

Junge Menschen häufig betroffen

Besonders problematisch sei, dass immer mehr junge Menschen in die Schuldenfalle tappen. Rödl forderte deshalb eine bessere Aufklärung über den Umgang mit Geld schon in den Schulen und eine verantwortungsbewusstere Kreditvergabe durch die Banken. Zwar hätten inzwischen viele Unternehmen Probleme, überhaupt noch Geld von den Banken zu bekommen, meinte der Experte. „Bei Konsumentenkrediten hat man aber das Gefühl, das geht immer noch relativ locker über den Tresen.“

Bei jüngeren Leuen ist häufig Arbeitslosigkeit der Auslöser für die Überschuldung. Bei den zwischen 35- und 55-Jährigen sind dagegen Trennung, Scheidung und Tod des Partners, sowie gescheiterte Ausflüge in die Selbstständigkeit die Hauptursachen der Verschuldung.

Schuldner-Hochburg Wuppertal

Der Schuldenatlas offenbart außerdem große geografische Unterschiede. Die geringsten Schuldnerquoten weisen Bayern und Baden-Württemberg auf, wo nur rund 7 von 100 Erwachsenen überschuldet sind. Auch Sachen und Thüringen fallen hier positiv aus dem Rahmen. Beim Schlusslicht Bremen ist die Schuldnerquote dagegen mehr als doppelt so hoch wie in Bayern. Und auch Berlin und Sachsen-Anhalt schneiden schlecht ab.

Im Vergleich von Kreisen und Städten profiliert sich der Landkreis Eichstätt mit der geringsten Schuldnerquote. Hier sind nur knapp vier Prozent der erwachsenen Bürger betroffen. Beim Schlusslicht - der Stadt Wuppertal - sind es fast 18 Prozent. (ap)