Berlin/Düsseldorf. . Bei festgestelltem „erheblichen Mangel“ könnte Besitzern von Diesel-Pkw von Volkswagen Schadenersatz zustehen. Für Klagen ist es aber noch zu früh.

Viele der allein in Deutschland rund drei Millionen Besitzer von Diesel-Fahrzeugen aus dem VW-Konzern fragen sich angesichts der Abgas-Affäre, ob ihr Auto an Wert verliert. Rechtsanwälte in den USA bereiten schon Schadenersatzklagen vor. Hat es angesichts dieser Lage Sinn, dass VW-Besitzer individuelle Schadensersatzklage gegen ihre Auto-Händler einreichen?

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„Gegenwärtig ist es noch zu früh zu klagen“, sagt Rechtsanwalt Hauke Maack aus Recklinghausen. „Die potenziell Geschädigten sollten erst einmal abwarten, bis mehr Informationen bekannt sind. In jedem Fall müssen ein Mangel und ein damit einhergehender finanzieller Verlust konkret nachgewiesen werden.“ Diese Ansicht vertritt auch Juristin Beate Wagner von der Verbraucherzentrale NRW.

Wertverlust muss belegt werden

Der Nachweis lässt sich teilweise dadurch erbringen, dass der Autohersteller ausdrücklich die Verantwortung für Fehler an bestimmten Motoren übernimmt. VW hat dazu bereits erklärt, „dass eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ bei Fahrzeugen auftritt, die den Motortyp EA 189 enthalten. Diese Angabe findet man am Motorblock des eigenen Wagens.

Als Alternative können Autobesitzer auch Sachverständige beauftragen, die die Abgase messen und Abweichungen dokumentieren. Zusätzlich müssten Kläger den Wertverlust ihres Autos belegen. Ein Hilfsmittel dabei kann die Schwacke-Liste der Gebrauchtwagen-Preise sein.

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Auf Basis des Kaufvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch existiert dann „bei erheblichem Mangel“, so Juristin Wagner, die Möglichkeit, den betroffenen Wagen beim Händler zurückzugeben und den Preis zurückerstatten zu lassen. Oder man erhält aufgrund der Wertminderung einen Teil des Kaufpreises ausgezahlt.

Welche Variante günstig sei, lasse sich gegenwärtig jedoch noch nicht abschätzen, sagt Wagner. Potenziellen Klägern bieten Anwälte deshalb an, die Anliegen zu sammeln, um eventuell später Verfahren zu starten. Ob individuelle Schadensersatzklagen überhaupt aussichtsreich sein können, hängt unter anderem von einer möglichen Regressregelung ab, die Volkswagen auf Druck der Politik einräumen muss. Möglicherweise offerieren die VW-Händler in naher Zukunft auch, die Fehler an den Fahrzeugen auf eigene Kosten zu beheben.

NRW-Justizminister wirbt für seine Idee eines Unternehmensstrafrechts

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) appellierte an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), schon jetzt mit dem VW-Konzern einen verbindlichen Entschädigungsrahmen zu vereinbaren. Die Abgas-Affäre nutzt Kutschaty, um für seine Idee eines Unternehmensstrafrechts zu werben. „Es ist ärgerlich, dass in Deutschland die geschädigten VW-Kunden dem Unternehmen nachlaufen müssen. In den USA ist es wegen drohender Sanktionen durch das dortige Unternehmensstrafrecht genau umgekehrt“, erklärte sein Sprecher.

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Wenn dem Konzern die Anklagebank drohe, sei er automatisch um Schadensminderung bemüht. In Deutschland dagegen sei die individuelle Arglist und persönliche Verfehlung nur schwer nachzuweisen, um die Wertminderung des Autos erstattet zu bekommen.

FDP-Rechtsexperte Dirk Wedel, selbst Richter am Landgericht, warf Kutschaty dagegen unverantwortlichen Populismus vor: „Den Verbrauchern falsche Erwartungen hinsichtlich pauschaler Schadenersatzansprüche durch ein Unternehmensstrafrecht zu machen, ist geradezu abenteuerlich.” Kutschatys Gesetzentwurf für ein Unternehmensstrafrecht gegen Wirtschaftskriminalität, der zurzeit auf Bundesebene beraten wird, sehe gar keine besonderen Schadensersatzansprüche vor, so Dirk Wedel.