Berlin. Der “Dieselgate“ erschüttert nicht nur den Konzern Volkswagen, auch viele Verbracher sind verunsichert. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Volkswagen hat mit seiner eingestandenen Abgas-Manipulation Millionen Autofahrer verunsichert und verärgert. Wurden auch deutsche Autos manipuliert? Können Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktreten, weil die tadellosen Umweltwerte im Verkaufsprospekt nur per Softwaretrick zustande kamen? Was Verbraucher nun wissen müssen.

Betrifft „Dieselgate“ auch deutsche Autofahrer?

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Dazu gibt es noch keine gesicherten Informationen. „Die Pressemitteilungen von VW werfen für unsere Techniker mehr Fragen auf, als Antworten zu geben“, sagte ein Sprecher des ADAC. VW zufolge geht es um elf Millionen Motoren des Typs EA 189, die bei den Abgaswerten eine „Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb Auffälligkeiten zeigen“. Dahinter steckt ein TDI-Common-Rail-Motor, der auch in Deutschland verbaut wurde. Der ADAC hält grundsätzlich für möglich, dass auch hierzulande getrickst wurde, geht jedoch nicht davon aus, dass Volkswagen die Software in Europa eingesetzt hat, um Abgaswerte zu manipulieren. „VW muss diesen Aufwand nicht betreiben, ganz einfach deswegen, weil die Fahrzeuge anders als in den USA hierzulande die niedrigeren Ansprüche der Abgastests erfüllen“, sagte Axel Knöfel, Leiter des ADAC-Abgasprüfstands in Landsberg.

Wie kann ich prüfen, ob ein betroffener Motor in meinem Auto eingebaut ist?

Der Auto Club Europa (ACE) vermutet, dass Autofahrer keine Möglichkeiten haben, das selbstständig herauszufinden. Er rät, mit dem Auto zum Händler zu fahren und den Fahrzeugschein vorzulegen.

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Kann ich nachprüfen, ob Abgas- und Verbrauchswerte meines Fahrzeugs von den Herstellerangaben abweichen?

Der ADAC kann zumindest Anhaltspunkte geben. Auf der Webseite www.adac.de/ecotest veröffentlicht der Club Werte auf der Basis eigener Messungen. Im „Eco Test“ prüft der ADAC CO2-Emissionen und Schadstoffe wie Stickoxide sowie den Spritverbrauch. „Wir stellen bei Dieselfahrzeugen regelmäßig fest, dass es bei den aktuellen Euro-6-Grenzwerten Abweichungen gibt“, so Technik-Experte Axel Knöfel. „Die in den USA festgestellten Abweichungen von den dort geltenden Grenzwerten liegen bei Faktor zehn bis 40, auf unserem Prüfstand überschreiten die Messergebnisse die EU-Grenzwerte häufig um den Faktor sieben bis 20. “

Wenn die Abgas- und Verbrauchswerte von den Angaben im Verkaufsprospekt abweichen – kann ich dann nicht meinen Neuwagen zurückgeben?

In Sachen Abgas-Manipulation könne der ADAC noch keine juristische Einschätzung geben, sagte ein Sprecher. Zum abweichenden Kraftstoffverbrauch hingegen haben Gerichte Urteile im Sinne der Verbraucher gefällt. Dem ACE zufolge handelt es sich um einen Sachmangel, wenn ein Neuwagen mehr als zehn Prozent mehr Kraftstoff verbraucht, als vom Hersteller angegeben. In diesem Falle könne der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er den Fehler beweisen könne.

Wie kommen Autokäufer in diesem Fall zu ihrem Recht?

Sie müssten nachweisen, dass der Wagen unter Laborbedingungen tatsächlich mehr Sprit verbrauche, heißt es beim ACE. Die Angaben des Bordcomputers im Fahrzeug seien nicht gerichtsrelevant. Um den Vorwurf zu belegen, sei ein teures Sachverständigengutachten nötig. Nach der Reklamation hat der Verkäufer des Autos zunächst zwei Versuche, um nachzubessern.

Gab es schon Gerichte, die im Sinne der Autokäufer urteilten?

Ja. Das Oberlandesgericht Hamm (AZ.: 28 U 94/12, 4 O 250/10) gab 2013 einem Käufer recht, der die Rückzahlung des Kaufpreises verlangte, weil sein Fahrzeug knapp zwölf Prozent mehr Kraftstoff verbrauchte, als im Verkaufsprospekt angegeben. 2005 hatte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (AZ.: VIII ZR 19/05) entschieden, dass bei Abweichung des Verbrauchs um weniger als zehn Prozent ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen ist. Im Umkehrschluss, so werten es Juristen, sei der Entscheidung zu entnehmen, dass eine Abweichung von mehr als zehn Prozent ein erheblicher Mangel sei, der zum Rücktritt vom Kauf berechtige.