Essen. Bei Opel naht das Ende des Übernahmepokers: Nach dem Bieter Ripplewood hat auch Konkurrent Magna mit dem Opel-Mutterkonzern General Motors einen unterschriftsreifen Vertrag aufgelegt. Der Bochumer Betriebsrat forderte die Bundesregierung auf, nicht erst auf eine Entscheidung von GM zu warten.
Besonders für die 25 000 Beschäftigten ist es eine nervtötende Übernahmeschlacht um Opel, die seit Monaten tobt und einfach nicht enden will. Doch nun geht sie offenbar tatsächlich in ihre entscheidende Phase. Der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna hat sich mit Opel-Mutter General Motors (GM) auf einen unterschriftsreifen Vertrag geeinigt.
Nachdem die Amerikaner das Konzept des Finanzinvestors Ripplewood bereits vor Wochen angenommen hatten, kann das GM-Direktorium jetzt entscheiden, welchem der beiden Kandidaten es Opel anvertrauen will. Diesen Vorschlag muss letztlich die Opel-Treuhand absegnen, in der Deutsche und Amerikaner gleichberechtigt sitzen und sich demnach einigen müssen.
Nicht überbewerten
Der Wunschpartner der Deutschen hat im Bieter-Wettrennen gleichgezogen – mehr nicht. Das betonte am Donnerstag selbst Magna. Mehrere Medien hatten die Einigung bereits als Vorentscheidung gewertet. Der Kampf um Opel sei allem Anschein nach entschieden, schrieb das "Handelsblatt", Magna habe nun die besseren Karten, meinte die Nachrichtenagentur Reuters. Doch auf deutscher Seite wollte davon niemand etwas wissen. Allerdings hatten deutsche Unterhändler auch zuletzt mit vorschnellen Äußerungen, Magna werde den Zuschlag erhalten, ihre amerikanischen Kollegen schwer verärgert.
Nachdem zwei fertige Verträge auf dem Tisch liegen, hoffen die Beschäftigten nun auf ein baldiges Ende des Übernahmepokers. „Jetzt gibt es keinen Grund mehr, noch länger zu zögern. Wir brauchen jetzt Entscheidungen”, sagte Bochums Betriebsratschef Reiner Einenkel der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Er sieht auch keinen Grund, die GM-Empfehlung untätig abzuwarten. „Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, nun über die Treuhand eine eigene Empfehlung abzugeben.” Für Magna, hofft Einenkel, obwohl RHJ-Verhandlungsführer Gerd Häusler ihm am Dienstag persönlich den Erhalt des Bochumer Werks zugesichert hat.
Eigentlicher Knackpunkt: der russische Einfluss
Bisher hatte sich GM sehr schwer getan mit dem undurchsichtigen Konsortium aus Magna und dessen russischem Partner, der Sberbank. Dutzende Details aus dem Magna-Konzept hatten die Amerikaner moniert, während das RHJ-Angebot als leicht umsetzbar gelobt wurde. Der eigentliche Knackpunkt war nach WAZ-Informationen aus Verhandlungskreisen aber bis zuletzt die Frage, wie tief GM den neuen Opel-Partner in seine Technologie-Entwicklung würde blicken lassen müssen. Hier war und ist den Amerikanern der russische Einfluss auf die Austro-Kanadier nicht geheuer. Dies vor allem deshalb, da GM auch Rüstungsforschung betreibt. Offenbar haben die Russen von ihrem Anspruch, Einblick in sämtliche Patente zu erhalten, doch noch Abstriche gemacht.
Andersherum war RHJ bemüht, sich für die Deutschen etwas attraktiver zu machen, damit aber gescheitert. Besonders die Ankündigung, mit weniger als drei Milliarden Euro Staatshilfe auszukommen, sollte die Bundesregierung umstimmen. Magna benötigt immerhin 4,5 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln. Doch die Betriebsräte und Gewerkschaften sahen sich nur darin bestätigt, dass RHJ perspektivisch weniger investieren wolle. Weniger Staatsgeld, weniger Investitionen, lautete die simple Rechnung. Diese Sorge teilt die Regierung offenbar, denn trotz des mehrfach nachgebesserten RHJ-Angebots sprach sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) immer deutlicher für Magna aus.
Viele Fragen bleiben weiter offen
Allerdings bleiben auch beim deutschen Wunschpartner viele Fragen offen, insbesondere die russischen Ambitionen. Was die Sberbank mit ihren Anteilen vorhat, weiß niemand. Sämtliche Details, insbesondere die Bedingungen für die Beschäftigten des neuen Opel-Konzerns, können erst verhandelt werden, wenn es endlich einen Partner gibt. „Sollte die Einigung mit Magna in trockene Tücher kommen, dann geht die Arbeit erst richtig los”, sagte Marc Schlette von der IG Metall in NRW. Das sieht Einenkel genauso: „Wir werden noch viele harte Verhandlungen zu führen haben.”