Frankfurt. Bei der Deutschen Bank richtet sich die Aufmerksamkeit auf die internen Querelen im Zusammenhang mit der Datenaffäre des größten deutschen Geldinstituts. Auf der Aufsichtsratssitzung am Dienstag könnte es deshalb rundgehen. Grund: Die Fehde zwischen Ackermann und Chef-Kontrolleur Börsig.
Die Deutsche Bank hat ein Problem. Ein erhebliches. Nicht mit ihren Geschäften und mit den Zahlen des zweiten Quartals, die Bankchef Josef Ackermann heute vorlegt. „Die Deutsche Bank ist ein Gewinner der Krise”, sagen Analysten. Die Zahlen aber interessieren derzeit nur am Rande.
Die heutige Aufsichtsratssitzung dürfte ein heißes Treffen werden. Grund: Die Fehde zwischen Ackermann und seinem Chef-Kontrolleur Clemens Börsig. „Das Verhältnis ist zerrüttet. Nachhaltig”, sagt ein Insider. Und dies offenbar nicht erst, seit sich Börsig im Frühjahr zum Chef der Deutschen Bank aufschwingen und sein persönliches Lebensziel verwirklichen wollte, Chef eines Welt-Konzerns zu werden.
Börsig hatte es nicht geschafft, einen möglichen Nachfolger für Ackermann zu finden. Der hatte eigentlich vor, mit der Hauptversammlung 2010 seinen Vertrag auslaufen zu lassen. Aber Börsig als neuer Chef – das war weder für den Aufsichtsrat, noch für Ackermann eine Alternative.
"Arrogant und rechthaberisch"
Menschlich hat es nie gepasst zwischen beiden Managern, sagen Beobachter: „Börsig ist arrogant und rechthaberisch. Jetzt wollte er endlich gegen alle Widerstände mal ganz nach oben.” Doch am Aufsichtsrat der Deutschen Bank scheiterte er Ende April.
Die Kontrolleure stellten sich seinen Absichten entgegen und baten – mangels Alternativen – Ackermann, noch drei Jahre dran zu hängen. Der ließ sich überreden und führt die Bank jetzt bis Frühjahr 2013.
Datenschutzaffäre
Für Börsig war schon diese Niederlage ein Desaster. Die jüngste Datenschutzaffäre verschafft ihm ebenfalls kaum Rückhalt. Obwohl der Bericht zu den Vorgängen, wie die Bank betont, gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat in Auftrag gegeben wurde.
Allerdings erwähnt der vorige Woche veröffentlichte Bericht ausdrücklich, dass die Bespitzelung des kritischen Aktionärs Michael Bohndorf 2006 durch ein Gespräch zwischen Börsig und dem mittlerweile entlassenen Leiter der Abteilung Investor Relations „ausgelöst” worden sei. Ob Börsig die Bespitzelung tatsächlich in Auftrag gegeben oder zumindest davon gewusst hat, bleibt offen.
Fader Beigeschmack
Einen faden Beigeschmack hinterlässt die Affäre so oder so. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt prüft Ermittlungen. Börsig sei nach den Ereignissen der jüngsten Monate nicht mehr zu halten, heißt es in Frankfurt. Ackermann habe offensichtlich eine Kampagne gegen seinen Chefaufseher in Gang gesetzt. Die Bank bestreitet das.
Fakt ist, dass Börsig, der für seinen Wechsel aus dem Vorstand an die Spitze des Aufsichtrats im Frühjahr 2006 mit 17,6 Millionen Euro Abfindung belohnt wurde, bis 2013 gewählt ist. Damit könnte nur er selbst den Konflikt lösen – durch vorzeitiges Abtreten. Das passt nicht zur Mentalität Börsigs. Er sehe keinen Grund für einen Rücktritt, ließ der umstrittene Banker mitteilen. Außerdem hätte die Deutsche Bank dann ein neues Problem. Wer sollte den Aufsichtsrats-Vorsitz übernehmen?
Kandidatenkarussell
Als mögliche Kandidaten gelten Ex-Vorstandsmitglied Tessen von Heydebreck, Bayer-Chef Werner Wenning und Ex-SAP-Chef Henning Kagermann. Nur letzterem aber werden die Fähigkeiten und vor allem die wichtigen Kenntnisse in Sachen Banken-Bilanzierung für den „Vollzeit-Job” bei der Deutschen Bank attestiert.
Das Geldhaus schweigt zum internen Machtkampf – noch. Der Aufsichtsrat werde sich heute mit den Quartalszahlen und dem Bericht zur Daten-Affäre befassen. Und die Verlängerung von Ackermanns Vertrag bis 2013 offiziell absegnen. Hinweise auf weitere Entscheidungen gebe es nicht. Damit würde der offensichtliche und ungesunde Konflikt in der Bank weiter schwelen.