Essen. Die Turbulenzen am Finanzmarkt sind noch nicht vorbei. Gefahren lauern in Form von faulen Krediten und Wertpapieren. Das Investmentbanking verläuft vielversprechend - neue Exzesse drohen. Experten fordern deshalb eine stärkere Regulierung und Kontrolle der Branche durch den Staat.

Die Deutsche Bank hat in der Finanzkrise mit einem Milliardengewinn aufgewartet. Das verdankte der deutsche Branchenprimus allein seinem riskanten Investmentbanking; also der Sparte, die Unternehmen oder dem Staat Geld am Kapitalmarkt verschafft – mit Anleihen oder neuen Finanzprodukten. Der Wertpapierhandel gehört auch zum Investmentbanking.

Naht trotz Finanzkrise ein neuer Bankenfrühling?

Nein. „Lediglich die Unsicherheit nimmt etwas ab”, sagt Analyst Konrad Becker von der Privatbank Merck Finck. „Nicht die ganze Bankenbranche profitiert davon, sondern nur einzelne Banken.” Zum Beispiel die, die im Investmentbanking stark sind. Denn der Staat muss Ausgaben oder Konjunkturprogramme finanzieren, zum Beispiel über Anleihen. Auch Firmen holen sich in Zeiten, in denen Banken Kredite zögerlicher vergeben, Geld über Anleihen. Das bringt den Banken als Anleihen-Vermittlern Gebühren.

„Auch der Aktien- und der Rohstoff-Handel nehmen wieder zu”, sagt Becker. Dazu trägt auch bei, dass sich Banken derzeit zu äußerst niedrigen Zinssätzen Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen können. Generell pumpen die Notenbanken billiges Geld in die Märkte, um die Folgen der weltweiten Finanzkrise abzumildern.

Zudem fusionieren Banken oder ziehen sich zurück – gut für Rivalen. „Im Investmentbereich gibt es weniger Banken, wodurch die Gewinnspannen steigen”, sagt Bank-experte Stephan Paul von der Universität Bochum. „Beim Brot- und Buttergeschäft, dem Privatkundenbereich, sind die Gewinnspannen dagegen noch nicht gestiegen.”

Das Investmentbanking verheißt wieder gute Gewinne. Drohen neue Exzesse?

Ja. Denn nicht nur in Deutschland werden große Banken bevorzugt, sagt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. Soll heißen: Gerät eine Großbank in Not, springt der Staat ein, um das System nicht zu gefährden. „Solange dieses ,Zu groß zum Scheitern' gilt, kann es immer wieder Auswüchse geben.” Momentan sind viele Banker laut Lothar Kamp von der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung vorsichtig, was Geschäfte mit risikobehafteten Wertpapieren angeht. „Die Branche hat aber keine nachhaltigen Lehren aus der Krise gezogen, sondern ist nur temporär vorsichtig.”

Was für Gefahren lauern in Bankenbüchern?

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Da sind zum einen die Kredite, die Banken Unternehmen bewilligt haben. Infolge des Wirtschaftsabschwungs drohen Kreditausfälle: Firmen können ihre Schulden nicht mehr abbezahlen. Nicht nur Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann warnt vor einer steigenden Zahl von Firmen- und Privatinsolvenzen. Dass bereits bewilligte Kredite Banken Probleme bereiten, zeigt sich beispielhaft bei der Deutschen Bank. Sie musste ihre Risikovorsorge für den Fall, dass Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden, im vorigen Quartal versiebenfachen. Zudem schlummern derzeit fast unverkäufliche „giftige” Wertpapiere in den Bilanzen. „Müssten Banken diese Papiere zum wahren aktuellen Wert verbuchen, sähen die Bilanzen anders aus”, sagt Kamp. Falls die Papiere verfielen, zehre das am Eigenkapital, der Substanz der Bank. „Das ist eine Zeitbombe in der Branche.”

Was ist also zu tun?

Der Staat muss die Branche laut Experten stärker regulieren und kontrollieren. Die Aufsichtsbehörden müssten mehr Personal, Knowhow und Rechte haben als bisher. Auch bei Bankern und ihren Gehältern müsse angesetzt werden: Zum Beispiel sollten sich Prämien an den Gewinnen orientieren, die man in einem Bereich wirklich erzielen könne – ohne Zockereien. Zudem müssten Manager persönlich für ihre Arbeit und deren Folgen haften.