Palma de Mallorca. Terror im Ferienparadies. Nach einem Autobombenanschlag hatten die Behörden die Insel am Donnerstag stundenlang komplett gesperrt. Zehntausende Touristen saßen fest. Die Verunsicherung auf der Ferieninsel ist groß.
Mitten im Zentrum des Ortes, in dem Dutzende im Sommer ausgebuchte Hotels und Appartementhäuser angesiedelt sind, zündet die baskische Terror-Organisation ETA einen schweren Sprengsatz. Eine Bombe zerstört den Urlaubsfrieden auf der Ferieninsel Mallorca. Um 13.50 Uhr schreckt eine gewaltige Explosion tausende Touristen auf, die am Strand des Küstenortes Palmanova in der Sonne liegen. Dann sehen sie eine Rauchsäule aufsteigen.
Die qualmenden Reste des Streifenwagens, den die Terroristen in die Luft jagten, liegen noch auf der Straße. Ein verkohltes Stahlgerippe. Gleich vor jenem Gebäude, in dem eine Polizeiwache und die Post untergebracht ist. Den beiden Polizisten, 27 und 28 Jahre alt, die der paramilitärischen Guardia Civil angehören, ist nicht mehr zu helfen. Sie wurden von der Bombe zerfetzt, die vermutlich unter dem Wagen deponiert war.
Panik auf der Straße
Zeugen berichteten vom Tatort, dass es panikartige Szene auf der Straße gab: Verletzte lagen auf dem Bürgersteig. Andere rannten schreiend weg. Versuchten, in die Hotels zu flüchten. Trümmer und Splitter lagen umher.
Zum Detonationszeitpunkt befanden sich hunderte Urlauber in der Nähe, kamen vom Essen in den Straßenrestaurants zurück. Gingen wieder zum Strand, der rund 500 Meter entfernt liegt. In Palmanova, rund 15 Autominuten von der Inselhauptstadt Palma entfernt, machen in dieser Woche zehntausende Europäer Urlaub. Der Ort gehört zur Gemeinde Calvia, die 125 000 Gästebetten in Hotels und Appartementanlagen besitzt.
Minuten nach dem Anschlag sperrt die Polizei das Gelände weiträumig ab, Ambulanzen rasen heran. Verletzte werden in eilends aufgebauten Feldlazaretten behandelt. Schäferhunde suchen in der Umgebung nach weiteren Sprengsätzen. Polizisten mit schusssicheren Westen und Maschinenpistolen marschieren auf. Hubschrauber überfliegen den Ort.
Verkehr zusammengebrochen
Tausende Touristen dürfen am Donnerstagnachmittag weder ihre Hotels verlassen noch in ihre Unterkünfte zurückkehren. Sie müssen hinter der Polizeiabsperrung bleiben. Der Verkehr in dem Ort ist zusammengebrochen. Die Telefonleitungen sind überlastet, weil alle versuchen, Angehörigen und Freunde zu benachrichtigen.
Der Tatort liegt nur wenige Kilometer von der Sommerresidenz des spanischen Königs Juan Carlos entfernt. Im Marivent-Palast, der auf halbem Weg zwischen Palmanova und der Inselhauptstadt Palma liegt, verbringt die Königsfamilie jedes Jahr ihren Sommerurlaub. König Juan Carlos und Königin Sofia wollten am 1. August ihren Urlaub antreten. Auch Thronfolger Felipe und Prinzessin Letizia wollten kommen. Ob es bei diesen Plänen bleibt, ist derzeit unklar.
Rund um Palmanova werden Straßensperren eingerichtet. Die „Operation Käfig” läuft Minuten nach dem Mordanschlag an. Die Polizei weiß, dass die Täter auf der Mittelmeerinsel in der Falle sitzen. Der Ort wird komplett abgeriegelt. Sicherheitshalber wird auch der Flughafen in Palma und der Fährhafen am Nachmittag zunächst geschlossen. Keine Maus kann Mallorca verlassen. Rund 300 Flüge mit annähernd 60 000 Passagieren waren betroffen.
Ankommende Flugzeuge, die nicht mehr auf den Heimatflughäfen zurückgehalten werden konnten, wurden zunächst zu anderen Flughäfen auf den Nachbarinseln und auf dem spanischen Festland umgeleitet. Die vorübergehende Totalsperrung des Airports Mallorcas löste auch auf vielen Urlauberflughäfen in Europa lange Verspätungen und große Unsicherheit bei Hunderttausenden Reisenden aus. In der Hochsaison werden auf dem Airport Mallorcas rund 100 000 Reisende abgefertigt.
Bereits am Vortag hatte die baskische Terror-Organisation ETA das sommerliche Spanien mit einer Bombe geschockt. Ebenfalls gegen Beamte der Guardia Civil. Der Auto-Sprengsatz war vor einer Polizeikaserne in der nordspanischen Stadt Bilbao hochgegangen. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt, das Gebäude wurde schwer beschädigt. Im Juni hatte die ETA einen Polizisten in der Baskenstadt Bilbao mit einer Autobombe getötet.
Das "Terror-Jubiläum" der ETA
Offenbar hat die ETA sich vorgenommen, ihr 50-jähriges „Terror-Jubiläum” mit Sprengstoff-Attentaten zu begehen: Heute, Freitag vor 50 Jahren war die ETA im nordspanischen Baskenland als Widerstandsgruppe gegen die spanische Franco-Diktatur (1939-1975) gegründet worden. Doch im demokratischen Spanien hörten die ETA nicht mit dem Morden auf. Bis heute starben etwa 850 Menschen. Die ETA will mit Gewalt ein von Spanien unabhängiges Baskenland erzwingen.
1995 hatte die ETA versucht, auf Mallorca König Juan Carlos zu töten. Dabei hatten die Terroristen versucht, den König von einer konspirativen Wohnung aus mit einem Präzisionsgewehr zu erschießen, während er sich auf seiner Jacht im Hafen von Palma befand. Der Anschlag konnte im letzten Moment vereitelt werden. Zudem gab es 1991 auf Mallorca zwei Bombenattentate gegen zwei Militärangehörige, die verletzt worden waren.