Genf. Nach den jüngsten Provokationen aus Teheran haben die fünf UN-Vetomächte und Deutschland am Donnerstag die Bereitschaft Irans zu Zugeständnissen im Atomstreit sondiert.
Unter Vorsitz von EU-Chefdiplomat Javier Solana trafen sich die Delegationen in Genf zu den ersten Atomgesprächen seit 14 Monaten. Kurz zuvor hatte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad erstmals Bereitschaft signalisiert, über Details der Urananreicherung zu sprechen. Die Vetomächte und Deutschland verlangen vom Iran Garantien dafür, dass sein Atomprogramm nicht zu militärischen Zwecken genutzt wird
Die Atomgespräche in Genf sollten neues Vertrauen schaffen. Am Verhandlungstisch saßen Unterhändler aus Russland, USA, Frankreich, Großbritannien, China, Deutschland und Iran. Die Verhandlungen mit Iran sind seit 2005 auf Eis gelegt. Aus dem Weißen Haus verlautete, man werde aus dem Tag in Genf keine voreiligen Schlüsse ziehen. Obama wolle sich Zeit nehmen für die Bewertung der Gespräche. China gibt sich zurückhaltend. Russland deutet eine härtere Gangart gegenüber Teheran an.
Am Vorabend der Gespräche hatte der iranische Außenminister Manouchehr Mottaki in Washington zwei Kongressabgeordnete getroffen. Die Politiker diskutierten unter anderem über die neue iranische Atomanlage nahe der Stadt Qom.
Schon der Schah träumte von nuklearer Macht
Schon Schah Reza Pahlevi hatte ehrgeizige Pläne. Zwanzig Atomreaktoren wollte der Herrscher auf dem Pfauenthron im Iran bauen lassen. Die 70-er Jahre waren gepflastert mit Milliardenverträgen für Firmen aus den USA, Frankreich und Deutschland. Kernenergie zu besitzen sei ein nationales Recht, argumentierte er und ratifizierte 1970 den Atomwaffensperrvertrag. Vier Jahre später rutschte ihm eine Bemerkung heraus, die in Washington Alarm auslöste. Der Iran werde Atombomben haben „ohne jeden Zweifel und schneller als mancher denkt”, sagte der Diktator in einem Interview und ließ seinen Atomchef Akbar Etemad erklären, keine Nation habe das Recht, einer anderen ihre Nuklearpolitik zu diktieren.
Das überzeugte die Administrationen von Gerald Ford und Jimmy Carter, wie kürzlich freigegebene Geheimdokumente belegen, Teheran strebe nach Plutonium für Atombomben und zwar über eine eigene Wiederaufbereitungsanlage für Brennstäbe. Jahrelang verhandelten die USA mit dem Iran über Garantien für eine friedliche Nutzung. Der im Sommer 1978 paraphierte Vertrag jedoch kam wegen der islamischen Revolution nicht zustande.
Reaktor-Ruine
Die neue Führung um Ayatollah Chomeini zeigte zunächst wenig Interesse an dem Atomthema. Am Persischen Golf stand der von Deutschen konstruierte, halbfertige Reaktor Bushehr. Nachdem die Anlage 1985 im irakisch-iranischen Krieg bombardiert worden war, ließ man die Ruine liegen. Erst Mitte der neunziger Jahre kam die Konstruktion mit russischer Hilfe wieder in Gang. Inzwischen laufen die finalen Funktionstests, auch wenn Moskau die Lieferung der Brennstäbe nach wie vor hinauszögert.
Das Umdenken bei der militärischen Nutzung ging schneller, auch wenn Chomeini versicherte, alle Massenvernichtungswaffen seien mit der islamischen Religion unvereinbar. Auslöser war das Trauma des irakisch-iranischen Krieges – eine halbe Million Tote und zehntausende durch irakisches Giftgas verstümmelte Veteranen, die bis heute auf den Straßen zu sehen sind.
Gegen Ende des Krieges traf sich in der Stadt Kerman der damalige Chef der Revolutionären Garden und heutige konservative Präsidentschaftskandidat, Mohsen Rezai, mit einem der führenden Kernphysiker des Landes. Wie sich der Experte erinnert, sagte ihm Rezai damals, der Iran müsse sich mit allem bewaffnen, was für einen Sieg erforderlich sei – „auch eine Atombombe, wenn das nötig ist”. Andere Kommandeure versicherten dem Forscher, der 1992 seine Heimat verließ, die nötigen Haushaltsmittel stünden bereit.
Geheime Anlage
Wohin die Reise danach ging, brachten 2002 erstmals exiliranische Kreise ans Tageslicht. In Natanz war eine geheime Anlage zur Urananreicherung entstanden, neben der vom Schah favorisierten Plutoniumabscheidung der zweite technische Weg, um eine Atombombe zu bauen. Drei Runden von Sanktionen hat der UN-Weltsicherheitsrat seither beschlossen, um von Teheran einen Stopp der Anreicherung zu erzwingen. Trotzdem blieben bislang alle Versuche vergeblich, von der Islamischen Republik die gleichen Garantien zu erhalten, wie vor 30 Jahren vom Schah.