Essen. In der letzten Battle-Show von „The Voice of Germany“ setzten die Coaches auf Gegensätze: jung gegen alt, erfahren gegen unbedarft, Boygroup-Sänger gegen den Jungen von nebenan. Das funktionierte nur manchmal richtig gut.
In der vierten Battle-Show, der letzten vor den Showdowns von „The Voice of Germany“, sind die Coaches bemüht, aus den Mitgliedern ihrer Teams die größtmöglichen Gegensätze herauszufiltern und damit die kratzigmöglichste Reibefläche zu generieren: Es soll nicht nur gut klingen, es soll überspannend sein, kleine Universen auftun zwischen den Teilnehmern, die Elektrizität nicht nur aus der Qualität im direkten musikalischen Vergleich gewinnen, sondern Lebensentwürfe gegenüberstellen. Es geht nicht um wahnsinnig gut gegen unfassbar gut – sondern um jung gegen alt, erfahren gegen unbedarft, Boygroup-Bubi gegen Junge von nebenan. Das funktioniert manchmal und bringt schöne Duette hervor – oft bedeutet es aber vor allem, dass der allerbeste Battlepartner in seiner Widersprüchlichkeit zum Sieger früher oder später in der Entscheidung der Coaches eben die undankbare Aufgabe hat, den Anderen zum Strahlen zu bringen.
Das Team BossHoss bastelt sich gleich mit dem ersten Team ein Dreierbattle zusammen aus Zsuzsa Magyar, Gentiana Merturi und Albulena Krasniqi. Die 17-jährige Gentiana staunt bereits über Zsuzsa, als die gemeinsame Arbeit an „Sweet Nothing“ von Florence und Calvin Harris feststeht: „Was für ne coole Sau, die ganzen Tattoos und alles“ – ähnlich stehen sie und Albulena auch auf der Bühne um sie herum. Zsuzsa mit rotem Flatterkleid, weißem festgepapptem Haarschopf, Glitzersteinchen im Augenwinkel baut sich große Bühnenpräsenz auf; damit und mit ihrer reifen Stimme dreht sie das „The Voice of Germany“-Battle so, dass die beiden anderen wirkten, wie die wunderbar guten Backroundsängerinnen von Emeli Sandé.
The BossHoss halten Zsuzsa bei „The Voice of Germany“ für "sichere Bank"
Coach-Kollege Samu Haber legt sich fest: „Albulena, du bist mein Favourite von die Three mit deiner Energie und Attitude“. Alec Völkel und Sascha Vollmer gehen in eine andere Richtung: „Zsuzsa ist sehr erfahren, das merkt man, hat hier die Hosen an“, sagt Sascha. Die beiden holen sich ihren Berater dazu und verkünden: „Eine ganz sichere Bank für uns ist ganz klar Zsusza.“
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Die anderen beiden Sängerinnen, sagen The BossHoss, hätten jeweils noch einen ziemlichen Weg vor sich. Sie loben den „Superton“ von Gentiana – geben die Chance, mit ihnen zumindest ein Stück dieses Weges bei „The Voice of Germany“ gemeinsam zu gehen, aber Albulena. Nena benutzt den Steal Deal, das neue Element der Show, und schachert sich Gentiana in ihr Team, das dunkelhaarige Mädchen klammert sich an sie, als hätte die sie gerade von einem sinkenden Schiffswrack gefischt.
Max Herre setzt bei „The Voice of Germany“ auf Widersprüche
Auch Max Herre setzt auf Widersprüche, zum Beispiel bei der Paarung der 17-jährigen Violeta Kokollari mit der warmen Stimme und der innerlich sprungfedernden Hanna Iser. Die Reibungsfläche hier besteht zwischen der unerfahrenen und der erfahrenen Sängerin; Herre sagt zu Hanna: „Probier’ es mal weniger technisch anzugehen“, Violeta wiederum soll sich mehr konzentrieren. Bei „Sleep“ von Soul-Musiker Allen Stone zeigt sich für den „The Voice of Germany“-Coach: „Hanna, du kannst alles, du weißt alles, man braucht dir nichts beibringen.“ Er entscheidet sich für Violeta, niemand holt Hanna, in sein Team.
Ähnliche Szenen im Team Samu: Der Finne kündigt ein Team an, das ein „Augenschmaus“ sein wird. Der Schotte Johny Fraser, der bereits Mitglied einer Boyband war, reagiert abgeklärt: „Dass Samu gesagt hat, ich bin ein Augenschmaus, ist cool, aber ich will lieber ein Stimmenschmaus sein.“ Sein Kontrahent Manuel Storz ordnet es für sich etwas anders ein: Mit Augenschmaus müsse Samu seinen direkten Konkurrenten gemeint haben, „ich bin natürlich eher so der lustige Rockertyp“. Bei ihrer Interpretation von „Hall of Fame“ von The Script wippt Samu mit dem Oberkörper im Takt mit, „ich bin so, so stolz!“ Doch auch wenn alle sich einig sind, dass Johny sehr sicher singt: Am Ende steht Manuel mit roten Wangen zwischen seinen Familienmitgliedern und wir im Freudenknäuel fast erdrückt. „Johny hat nen professionellen Background...und jetzt war mein Arm oben“, stammelt er heraus.
Nena wählt Norisha für die „The Voice of Germany“-Showdowns
Georgina Mettbach aus dem Team Nena steht mit der Größe der Stimme Norisha Campbell in wenig nach – doch auch hier ist ein Kurzzeit-Team zusammengekommen, das über die Differenz funktioniert: Norisha mit den endlos langen Beinen ist beinahe einen Kopf größer als Georgina (1,60 Meter). Die beiden bekommen „Sign o'the Times“ von Prince zugeteilt, ein Lied, das sie bisher nicht kannten – und Betreuerin Nena spielt bei den Proben wieder Waldorfkindergartentante: „Schmeißt den Text doch einfach mal weg und tanzt mal dazu!“ Sie schiebt die Zettel davon, die Kandidatinnen schauen irritiert. „Ich möchte sie in die Kreativität bringen, ich möchte sie dazu bringen, dass sie improvisieren“, sagt Nena. Georgina und Norisha tauschen ein ziemlich steifes High Five aus und versprechen Lockerheit – auf der „The Voice of Germany“-Bühne sind sie dann vor allem sehr professionell. Ihr Coach kritisiert: „Ihr wart zu sehr mit dem Außen beschäftigt. Ich habe das trotzdem sehr, sehr genossen.“ Sie habe aber „Norisha einen Schritt vorne“ gesehen und geht mit ihr in die Showdowns.
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Max Herre bringt noch Larissa Evans mit „einer tollen Kopfstimme“ zusammen mit Karen Firlej, die eine raue Stimme hat, „mit einer Kante“, sagt er. Sie singen „Lalala“ von Naughty Boy, Karen schaut ängstlich unter ihrem dunklen Pony hervor nach oben zu Larissa, die zwischendurch sogar ziemlich entspannt ihr Mikrofon von einer Hand in die andere wechselt – Herre entscheidet für sich Karen. Auch das Duo Annika Kron / Ines Koch ist eines der Gemüter: Inse grübelt über ihre Bühnenperformance zu „Wake Me Up“ von Avicii und Aloe Blac, Annika geht sie einfach an. „Musik machen hat auch damit zu tun, wie sehr man das will, was man da macht, wie sehr man sich da reingeben kann“, sagt „The Voice of Germany“-Coach Herre. „Und das hat mich sehr, sehr beeindruckt an Annika, und deshalb will ich mit Annika gehen an der Stelle.“
Stimmen zwischen Rockabilly und fragil bei „The Voice of Germany“
Die Rechnung geht nicht oft auf, dass aus den Battles durch die krassen Kontraste etwas Größeres, Besseres entsteht, als es die einzelnen Teile vorher waren. Bei Astrid „Chili“ Rusznyak und Juri Rother funktioniert es: Das Team BossHoss lässt sie „Next To Me“ von Emeli Sandé performen. Chilis Rockabilly-Stimme, die selbst ein gepunktetes Kleid und toupierte Haare zu tragen scheint, und das hingeträumte, fragile Stimmchen von Juri – „eine sehr ungewöhnliche Konstellation“, sagen die Coaches selbst – tragen sich gegenseitig liebevoll durch den Song. „Ihr seid wie Freunde und ein Duett“, sagt Samu. „Ihr wart beide so herzlich miteinander, ihr ruht in euch – das ist schon jetzt einer meiner Lieblingsmomente in diesem Battle“, sagt Nena. Die Entscheidung fällt schließlich auf Juri.
Aus seinem Team treffen außerdem Laura Kattan und Akina Ingold aufeinander. Laura sagt selbst, sie sei „schon ein bisschen mehr Frau schon, glaube ich“, das überbordende Lob aus den Proben schüchtert Akina ein, sagt sie, „weil jetzt die Erwartungen so hoch sind“. Auf der Bühne steht sie dann aber die Haare hinter die Ohren zurückgestrichen – sie ist da, ganz und gar. Die Jurymitglieder schieben sich die Entscheidung hin und her, Max findet Lauras Stimme „ein ganz bisschen wärmer“, Alec hört bei Akina „den interessanteren Ton“. Nena will lieber gar nichts sagen – aus gutem Grund, wie sich später herausstellt. Samu grübelt: „Laura, ich glaube, du singst etwas besser. Aber Akina, du singst auch besser als ich und besser als die BossHoss-Jungs. Ich möchte euch beide in den Showdowns sehen.“ Nena sprüht ihn auf seine Bitte hin mit ihrem Wunderwasser ein und er entscheidet sich für Akina – und Nena bringt den Plan zu Ende, den sie vielleicht schon geschmiedet hat, seit sie bei den Blind Auditions ebenfalls für Laura auf den Buzzer gedrückt hat: Sie holt sie in ihr Team. Am Ende sind vielleicht Nena und Samu das eigentliche funktionierende Team mit einem ganzen Universum zwischen sich.