Essen. . Der Urlaub ist für Paare oft nicht so entspannend, wie sie sich das wünschen würden. Paare, die sich schon im Alltag miteinander schwer tun, sind meist im Urlaub nicht plötzlich ein Herz und eine Seele. Damit die gemeinsame Reise zumindest kein Alptraum wird, müssen beide Partner Kompromisse eingehen.
Hand in Hand am Strand, den Blick Richtung Sonnenuntergang – endlich Urlaub. Doch statt Romanze mit Kirsche im Cocktailglas möchte sich mancher einfach nur noch einen Magenbitter gönnen: Urlaub ist für Paare Stress, sagt der Berliner Paartherapeut und Autor Wolfgang Krüger („Freiraum für die Liebe“). Jede dritte Scheidung wird nach dem Urlaub eingereicht.
„Beim Urlaub herrscht die ähnliche Überschätzung wie beim Weihnachtsfest. Es wird erwartet, dass man mit strahlenden Augen davon erzählt“, sagt Krüger. Dabei sollte man Realist sein. „Wer sich zu Hause mit seinem Partner schwer tut, wird es im Urlaub auch tun.“
Streit schon bei Urlaubsvorbereitung
Aber längst ist nicht alles für die Katz: „Jedes zweite Paar schläft wieder häufiger miteinander“, sagt Krüger. Aber das entschädige auch nicht für alles. Denn „fünfzig Prozent streiten sich schon bei den Urlaubsvorbereitungen“. Der Klassiker: „Sie“ will ans Meer, „er“ in die Berge. „In einer guten Partnerschaft findet man einen Kompromiss“. Ein Jahr ans Meer, eins in die Berge.
Ob der Urlaub funktioniert, hängt davon ab, ob die Partner eher aus der Ecke der Erbsenzähler kommen oder „kompromissfähig, tolerant und humorvoll“ sind. Die großen Fallen seien die: zu große Nachgiebigkeit oder der Ego-Trip. „Beide Typen sind nicht in der Lage, Kompromisse zu leben.“
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Stress bei Zwangsnähe
Auch in Gefahr, sich die Augen im Hotel auszukratzen, sind Pärchen, die zu Hause eher getrennte Wege gehen. Wenn dann im Urlaub Zwangsnähe angesagt ist, steigt der Stresspegel. Und wehe, wenn auch noch die Pension neben einem Sägewerk liegt, dann wird die Wut am Partner ausgelassen. Was tun? Lockerbleiben, so der Therapeut. Aber das Rezept funktioniert am besten, wenn die Glückshormone freies Spiel haben. „Wenn Sie verliebt sind, ist es Ihnen egal, ob der Balkon klein oder das Essen schlecht ist.“
Aber was, wenn die Ehe in der Phase steckt, wo man sich doch mehr für die Qualität des kalten Buffets als für das Tattoo der Partnerin interessiert? Großzügig über dumme Sprüche (Äußerungen zur Figur oder zum Essverhalten) oder blöde Angewohnheiten (Süppeln bis zum Umfallen, Dauershoppen) hinweggehen. „Man sollte dem Partner ruhig drei bis vier Sünden am Tag zugestehen.“
Immer schön lieb argumentieren
Doch manchmal will der Frust hinausgebrüllt sein! Nichts da. Immer schön lieb argumentieren und nicht persönlich werden, rät der Experte. Nehmen wir auch hier eine klassische Situation. Die Autofahrt ins Urlaubsglück. Und nehmen wir an, dass der Fahrer das Gaspedal zum Glühen bringt. „Als Beifahrerin könnte man dann sagen: Du, tu mir doch einen Gefallen, fahr bitte nicht ganz so schnell. Ich weiß, Du fährst ja sehr gut. Aber es macht mir doch Angst.“ Das sei zwar steif, aber wirksamer als „Du willst doch eh nur Deine Potenz beweisen.“
Manche Paare sollten laut Krüger am besten gar nicht verreisen, jedenfalls nicht zusammen. Pärchen, die ihre Machtprobleme in Bad Tölz oder am Strand von Rio aufarbeiten wollen. Noch mal der Klassiker: „Sie“ fühlt sich ausgenutzt, weil „er“ seine Socken nie wegräumt. Oder „er“ ist genervt, weil „sie“ im Urlaub putzt. „Wenn dieses Paar eine Ferienwohnung gemietet hat, kann es knallen.“
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Autor lebt mit Partnerin in Gartenlaube
Herr Krüger übrigens selbst lebt mit seiner Partnerin auf 24 Quadratmetern in einer Gartenlaube. Die Enge ihres Lauben-Lebens habe dazu geführt, dass sie gelernt haben, Rücksicht zu nehmen und lösungsorientiert zu denken. Solche Paare haben Chancen, auch zwei Wochen Regen, ein miefiges Hotelzimmer und kalte Frühstücks-Eier ohne Rosenkrieg zu überstehen.
Für Paare, die sich aber doch schon mal gerne auf die Nerven gehen, gibt es auch noch Möglichkeiten: Man müsse einfach nur genug unternehmen. Kirchenbesuche, Museumsbesuche – so etwas in der Art. Noch besser aber sei ein Abenteuerurlaub oder, genial, eine Safari. Im Angesicht eines Tigers komme einem der Partner dann zahm wie eine Stubenfliege vor.