Kirchberg. Luftkurort, Seebad, Heilbad: Die Begriffsvielfalt unter deutschen Orten ist riesig - und die Kriterien, um ein solches Prädikat führen zu dürfen, sind sehr streng. Was sagen diese Labels eigentlich aus? Und was bringen sie dem Urlauber? Hier erhalten Sie die wichtigsten Informationen.
Kirchberg im Bayerischen Wald ist ein "Erholungsort". Die oberbayerischen Gemeinden Kochel und Walchensee nennen sich "Luftkurort". Bad Tölz und Bad Heilbrunn sind sogar "heilklimatische Kurorte". Wer soll da noch durchblicken?
Derzeit gibt es rund 350 Heilbäder und Kurorte in Deutschland, davon sind 244 Mitglieder im Deutschen Heilbäderverband organisiert. Heilbäder und Kurorte sind "Kompetenzzentren für die Gesundheit". Merkmale der Orte: "Hier werden natürliche Heilmittel des Bodens, Wassers oder Klimas und traditionelle Heilverfahren angewandt."
Orientierung für die Urlauber
Kurorte unterteilen sich in sieben Kategorien: Heilbad, Kneippheilbad, Kneippkurort, Schrothheilbad, Schrothkurort, heilklimatischer Kurort und Luftkurort. Über die Anerkennung entscheidet in manchen Bundesländern das Innenministerium, gemeinsam mit dem Fachausschuss für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen, dem auch Mediziner, Chemiker und Meteorologen angehören. In anderen Ländern kümmert sich das Wirtschafts- oder Gesundheitsministerium darum.
Was sagen diese Labels eigentlich aus? Und was bringen sie dem Urlauber? "Die Gütesiegel helfen Urlaubern bei der Orientierung", sagt Claudia Gilles, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes. Zusammen mit dem Deutschen Heilbäderverband hat der Verband vor über 50 Jahren diese Prädikate geschaffen. "Sie verpflichten die Orte, gewisse Qualitätsstandards einzuhalten, die in einem Kriterienkatalog festgeschrieben sind", erklärt Gilles.
Einhaltung der Kriterien wird kontrolliert
Die Einhaltung der Kriterien wird alle paar Jahre kontrolliert. Die Anforderungen steigen mit jeder Stufe: Klimatische und lufthygienische Voraussetzungen, genügend Ärzte und Gesundheitsangebote sowie touristische Einrichtungen wie Schwimm- oder Hallenbäder, Kneippeinrichtungen und Lesesäle.
Ähnlich ist das an der Küste: Nicht jeder Ort, der an der See liegt, darf sich automatisch "Seebad" nennen, sagt Prof. Martin Lohmann vom Kieler Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa. Um dieses Prädikat zu erhalten, darf das Zentrum des Ortes nicht mehr als zwei Kilometer vom Strand entfernt liegen. Daneben braucht es medizinische Einrichtungen für Kurmaßnahmen. Die Luft- und Wasserqualität muss die Erholung und Genesung der Reisenden unterstützen. Auch ein Kurarzt und touristische Infrastruktur wie Parks und Strandpromenaden sind vorgeschrieben.
"Ein Seeheilbad zu werden, ist ziemlich schwierig"
Strenger sind die Kriterien für den Titel "Seeheilbad". So müssen an diesen Orten auch Heilmittel wie Meersalz oder Meeresschlick vorhanden sein. Es wird eine noch bessere touristische Infrastruktur erwartet und mindestens eine Badearztpraxis.
"Ein Seeheilbad zu werden, ist ziemlich schwierig", sagt Lohmann. "Aber ob das so wahnsinnig wichtig für Touristen ist, ob sie jetzt in einem Seebad oder Seeheilbad ein Hotelzimmer beziehen, bezweifele ich." Der Ort muss hübsch ausschauen, am Meer liegen, gute Hotels und Lokale haben, so der Wissenschaftler. "Früher, als die ambulante Kur noch von den Kassen bezahlt wurde und zwar nur, wenn es ein Heilbad war, spielten solche Label noch eine wesentlich größere Rolle."
Werbeeffekt hält sich in Grenzen
Den Werbeeffekt solcher Prädikate halte sich in Grenzen. "Die Prädikate sind keine Garantie, dass ich gesünder wieder nach Hause komme. Wenn ich im Heilbad nur Wein statt Wasser trinke, ist es egal, wo ich meinen Urlaub verbringe." Außerdem leben Seebäder wie St. Peter-Ording, das als einziges deutsches Seebad eine eigene Schwefelquelle hat, mehrheitlich von den normalen Touristen, die ohnehin kommen und surfen, baden, sich erholen wollen. Ganz ohne Kur-Hintergedanken.
Auch wenn die Mehrheit der Deutschen nicht nur einen Urlaubsort wählt, weil ein "Heil" oder "Kur" im Namen steckt: Für die Orte sind die Prädikate dennoch erstrebenswert. Denn: Der Titel zahlt sich aus. Wenn eine Gemeinde ein staatliches Prädikat vorweisen kann, darf sie Kurtaxe erheben - eine wichtige Einnahmequelle, mit dem sie die Promenade, den Strand und den Kurpark pflegen und ihr Ortsbild verschönern können. (dpa)