Berlin. Jetzt wird geredet: Nach dem Beschluss des SPD-Parteikonvents müssen Union und SPD überlegen, was sie der anderen Seite abtrotzen wollen. Die SPD will sich auf keinen Fall billig verkaufen - denn die Stimmung gegen eine große Koalition ist in der Partei weiter stark.

Knapp eine Woche nach der Bundestagswahl bahnen sich erste Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD an. Nach dem überraschend einmütigen Beschluss eines SPD-Parteikonvents am Freitagabend in Berlin sieht die SPD aber noch viele Hürden für ein Bündnis mit CDU/CSU.

"Wir messen alles, worüber wir sprechen, daran, dass der Politikwechsel, für den wir gekämpft haben im Wahlkampf, dass der realisiert werden kann", sagte Vorstandsmitglied Ralf Stegner. Grundlage soll das Wahlprogramm der SPD sein.

Erste Sondierungsrunde Anfang der Woche erwartet

Auch Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin und SPD-Landesvorsitzende in NRW, betonte, die SOD werde ihre "Inhalte nicht auf dem Ramschtisch verhökern". Im Gespräch mit dem Radiosender WDR2 bestätigte Kraft einmal mehr, dass es in der SPD eine große Skepsis gegenüber einer Großen Koalition gebe. "Aber wir verweigern uns nicht Gesprächen."

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Erwartet wird eine erste Sondierungsrunde Anfang kommender Woche. Kommt es im Anschluss zu wochenlangen Koalitionsverhandlungen und einem Koalitionsvertrag sollen erstmals die rund 470 000 Mitglieder darüber mitentscheiden. Das Votum soll politisch bindend sein.

SPD-Generalsekretärin Nahles ist "erleichtert, aber nicht glücklich"

Das genaue Prozedere ist aber noch unklar. Das Votum soll möglichst vor dem Bundesparteitag am 14. November in Leipzig abgeschlossen sein, um dann dort eine etwaige große Koalition abschließend billigen zu können. Neben der SPD stellen sich aber auch die Grünen auf Sondierungsgespräche mit der Union ein.

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"Ich bin erleichtert. Aber ich bin nicht glücklich", betonte Generalsekretärin Andrea Nahles. "Glücklich kann man in dieser Situation, glaube ich, nicht sein. Wir haben eine schwierige Lage." Die Mehrheit an der Basis sei sehr skeptisch. Parteichef Sigmar Gabriel sagte, man gehe selbstbewusst in die Gespräche. Die SPD mache mit dem Beschluss aber "nicht den Weg frei für Koalitionsverhandlungen". Es gab fünf Stimmen gegen den Beschluss.

SPD pocht auf Mindestlohn und Mietenbremse

Bei den Sondierungsgesprächen sollen Kompromisslinien ausgelotet werden. Die SPD pocht etwa auf einen Mindestlohn, eine Mietenbremse, eine Rentenreform und höhere Steuern für Wohlhabende, um mehr Geld für Kommunen, Bildung und Infrastruktur zu haben.

Die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und weiteren Unions-Spitzenpolitikern müsste erneut vom Parteikonvent gebilligt werden. Dieser wurde daher am Freitagabend nur formal unterbrochen.

Steinbrück will Sondierungsgespräche noch begleiten

Die Sondierungskommission der SPD bilden Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, Nahles, der unterlegene Kanzlerkandidat Steinbrück, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz.

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Steinbrück will die Gespräche und mögliche Koalitionsverhandlungen noch begleiten, verkündete bei dem Konvent aber, sich nicht mehr um Ämter in Partei und Bundestagsfraktion zu bewerben. Die SPD war bei der Wahl auf 25,7 Prozent gekommen. Steinbrück verfehlte damit sein Wahlziel einer rot-grünen Mehrheit. Der Union fehlen nur fünf Mandate zur absoluten Mehrheit, weshalb die SPD fürchtet, in so einem Bündnis untergebuttert zu werden.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betonte mit Blick auf den Konvent: "Es war eine konstruktive Diskussion. Die Stimmung hat die Spannungen der letzten Wochen rausgenommen." Er sei überrascht gewesen, wie konzentriert und wie positiv diskutiert worden sei. (dpa)