Dublin. . Irland will dem Rettungsschirm entfliehen. Das geht nur mit neuen Sparmaßnahmen. Das Kindergeld soll auf den Prüfstand. Dabei verzeichnet die grüne Insel einen Babyboom und die Frauen bekommen im Schnitt 2,1 Kinder.

Das Kaufhaus ist gut besucht. Eine Mutter schaut sich einen Kinderpulli an, am anderen Ende des Ladens kramt ein junger Mann im CD-Regal, ein älterer Herr testet den schwarzen Regenschirm auf seine Funktionstüchtigkeit. Auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. Doch das „Vincent’s“ ist kein normales Geschäft, es ist ein Ort, an dem die Euro-Krise ihre Spuren hinterlässt, ein Sozialkaufhaus, in dem es Hosen für einen Euro gibt. Seitdem in Irland die große Immobilienblase geplatzt ist und die Menschen mit Schulden zu kämpfen haben, ist hier immer was los. Doch: Die grüne Insel ist auf dem Weg der Besserung.

„Wir sparen in Würde“

Vor zwei Jahren schlüpfte das Euro-Land unter den europäischen Rettungsschirm. Seitdem ist aus dem Keltischen Tiger eher ein knurrendes Kätzchen geworden. Gestreichelt wird’s für seine Sparbemühungen von der Troika und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der im Frühjahr Irland für seine Sparanstrengungen lobte. Doch die irischen Politiker üben sich eher in Zurückhaltung und sprechen davon, dass sie bisher die niedrig hängenden Früchte geerntet haben. Will heißen: Jetzt geht es ans Eingemachte.

30 Prozent der jungen Iren sind ohne Arbeit

Die Iren sind wütend. Sie sind es, die für die Fehler Banken, die das Land in die Krise stürzten, bluten müssen. Noch heute gibt Irland geschätzte 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus, um die Banken zu erhalten. Doch eins kann man nicht verhehlen: Hier wird auf vergleichbar hohen Niveau gejammert. „Wir sparen in Würde“, sagt Finanzminister Brendan Howlin. Bisher mussten die Iren auf ihre Häuser keine Grundsteuer zahlen, Wassernutzung war umsonst. Das soll sich ändern. Auch das Arbeitslosengeld hat die irische Regierung gekürzt: von 204 Euro auf 188 pro Woche. Die Arbeitslosenquote ist mit 14,8 Prozent hoch. Noch schlimmer trifft es junge Leute: 30 Prozent von ihnen sind ohne Arbeit.

Niedrige Unternehmenssteuer

Auch das Kindergeld soll auf den Prüfstand. Statt es wie bisher jedem, unabhängig vom Einkommen, zu zahlen, soll es zukünftig nur noch Bedürftigen zukommen. Das könnte vielen Iren weh tun. Schließlich verzeichnet die grüne Insel einen Babyboom. Mit 2,1 Kindern pro Frau zählen die Iren zur Spitze Europas (Deutschland: 1,4).

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Doch eins scheint nicht verhandelbar, die Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent. Irland, Insel der glückseligen Unternehmer. Die Iren befürchten, dass sich bei einem höheren Steuersatz die Unternehmen in anderen Ländern ansiedeln. Vor allem viele US-Firmen haben sich hier niedergelassen: Apple, SAP, Facebook, aber auch Bertelsmann oder Siemens. 140 Firmen sollen in diesem Jahr dazukommen, sagt Barry O’Leary, Sprecher der irischen Investmentagentur IDA. Derzeit suchen diese Unternehmen 20.000 deutschsprachige Mitarbeiter.

O’Leary ist nicht allein mit der Annahme, dass der Export die irische Wirtschaft in Schwung bringt. Im Gegensatz zum Euro-Sorgenland Griechenland wächst sie tatsächlich – im Jahr 2011 um 1,4 Prozent. Doch der Export macht auch abhängig. Geht den Märkten in den USA oder in Europa die Luft aus, bekommt auch Irland Atemnot. Denn die Kaufkraft in Irland lässt zu wünschen übrig. Nicht umsonst hat ein Sozialkaufhaus wie das „Vincent’s“ gut zu tun.