Berlin. Antonis Samaras hat Angela Merkel um weitere Unterstützung gebeten. Die Lage in seinem Land sei dramatisch, sagte der griechische Ministerpräsident: Die Armut wachse, zudem drohe der Aufstieg rechtsextremer Kräfte. Gleichzeitig betonte Samaras, die bisherigen Reformen würden bereits Früchte tragen.

Mit einem dramatischen Appell vor allem an die Adresse Deutschlands hat der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras seine Bitte um ein weiteres Entgegenkommen der Geldgeber untermauert. Im Interview mit dem "Handelsblatt" regte er einen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel an, um ein positives Zeichen zu setzen und sich selbst ein Bild von der angespannten Lage in seinem Land zu machen.

Dieser Besuch wäre für das Verhältnis beider Völker sehr wichtig, sagte Samaras. Er warnte in eindringlichen Worten vor einem Absturz Griechenlands, sollte seine Regierung scheitern. Dann sei die Demokratie gefährdet und "wartet auf uns das Chaos".

"Griechische Gesellschaft durch Neonazi-Aufstieg bedroht"

Samaras verglich die Situation mit der am Ende der Weimarer Republik in Deutschland. Die griechische Gesellschaft sei bedroht "durch etwas, das es in unserem Land noch nie zuvor gegeben hat: den Aufstieg einer rechtsextremistischen, man könnte auch sagen faschistischen, Neonazi-Partei".

Erhalte sein Land nicht bald die nächste Tranche an Hilfsgeldern, werde die Staatskasse Ende November leer sein. Ein Austritt aus der Eurozone sei dabei "keine Option für Griechenland - es wäre eine Katastrophe". In dem vierseitigen Interview versicherte Samaras, sein Land werde die Zusagen gegenüber der EU und Deutschland einhalten. "Die Menschen wissen, dass dies die letzte Chance Griechenlands bedeutet", unterstrich Samaras.

Freigabe für europäische Hilfsgelder ist noch nicht absehbar

Seit Wochen verhandelt seine Regierung intern und mit der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission über zusätzliche konkrete Einsparungen. Eine Einigung ist die entscheidende Voraussetzung, dass gut 30 Milliarden Euro an Hilfsgeldern freigegeben werden.

Noch ist nicht absehbar, wann der erforderliche Troika-Bericht vorliegt und ob darin eine Freigabe der Mittel empfohlen wird. Zuletzt gab es jedoch Signale aus den Partnerländern, dass Athen mit einer Zustimmung rechnen kann.

"Die Armut wächst" in Griechenland 

Samaras warb mit Nachdruck um die Unterstützung der Kanzlerin. "Angela Merkel ist für mich eine verlässliche Stütze", sagte er. Sie sei jederzeit willkommen in Griechenland. "Wir wissen sehr zu schätzen, dass uns die Deutschen und die Europäer in dieser schwierigen Zeit helfen", betonte Samaras.

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Zugleich machte er aber klar, dass die Griechen die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht haben. "Die bisherigen Einschnitte gingen bereits bis auf die Knochen", sagte er. "Die Armut wächst, immer mehr Menschen müssen in Suppenküchen gehen, um eine warme Mahlzeit zu bekommen."

Samaras bittet auch EZB um Hilfe

Sein Land brauche mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung, machte der Ministerpräsident deutlich. Dabei gehe es nicht unbedingt um mehr Hilfskredite.

Auch von der EZB erbat er Unterstützung. Die Zentralbank könne etwa die Zinsen der griechischem Staatsanleihen in ihrem Portfolio senken oder die Laufzeit der Bonds verlängern. Die EZB hat allerdings schon darauf hingewiesen, dass dies eine Form unzulässiger Staatsfinanzierung wäre.

Griechische Reformen tragen bereits Früchte

Zudem forderte Samaras eine direkte Banken-Rekapitalisierung über den Schutzschirm ESM. Ein erneuter Schuldenschnitt sei nicht Teil seines Kalküls.

Samaras hob hervor, dass die Reformanstrengungen bereits erste Früchte trügen. Die wirtschaftliche Lage zeige zuletzt eine Reihe von Hoffnungszeichen. So hätten die Bankeneinlagen seit der letzten Wahl wieder zugenommen, bei der Haushaltsanierung gebe es Fortschritte und die Handelsbilanz habe sich wegen steigender Exporte verbessert. (rtr)