Balve. Der Wunderhengst ist verwundbar. Er hat beim Balve Optimum mit Reiter Matthias Alexander Rath seinen deutschen Meistertitel im Grand Prix Spezial verloren. Totilas und Rath machten drei entscheidende Fehler. So blieb für das Traumpaar am Ende „nur“ der zweite Platz. Helen Langehanenberg – eine von den aufstrebenden Damen – zeigte mit Damon Hill dem Favoriten die Grenzen auf.

Mit 83,156 Prozentpunkten mussten sich die Titelverteidiger Totilas und Rath nach einigen Wacklern am Samstag im Grand Prix Special einer großartig reitenden Helen Langehanenberg (Havixbeck) mit Damon Hill geschlagen geben. Beide erhielten für eine fehlerlose Vorstellung 85,822 Prozent von den Kampfrichtern.

Die junge Wilde vom RV St. Georg Münster strahlte nach ihrem Überraschungssieg. Es ist für sie und ihr Pferd die erste nationale Meisterschaft. Und das mit der drittbesten Leistung weltweit in einem Special. „Es gibt Reitmomente, die müsste man einfrieren können“, sagte Helen Langehanenberg nach dem sensationellen Triumpf. Matthias Alexander Rath trug seine Niederlage mit Fassung: „Ich bin natürlich nicht hundertpozentig zufrieden. Doch das ist meckern auf sehr hohem Niveau.“

Bronze für Kristina Sprehe

Platz drei und somit Bronze in der ersten Dressur-Entscheidung des Balver Turnierplanes ging an Kristina Sprehe (Dinklage/82,311) mit Desperados. Zusammen mit Rath und Langehanenberg gehört die talentierte Amazone zum Kreis der Kandidaten für Olympia in London. Auch die in Balve mit Dablino Viertplatzierte Anabel Balkenhol (Münster) dürfte beim CHIO in Aachen Anfang Juli noch im Sichtungsfokus sein.

Pferde, Promis, Partystimmung

1/31

Rath gratulierte der Weltcup-Zweiten Langehanenberg beim Balve Optimum herzlich und wollte von einem Rückschlag nichts wissen. „Ich bin zufrieden und glücklich über Platz zwei. Das war knapp an meiner Bestleistung vorbei. Ohne die zwei, drei kleinen Fehler wäre es eng geworden“, sagte der Kronenberger. Revanche will er bereits am Sonntag nehmen, wenn er in der Kür zur Musik ebenfalls als Titelverteidiger startet.

Drei Debütanten zu Olympia?

Mit dem 27 Jahre alten Rath, der drei Jahre älteren Langehanenberg - sie lebt in Quickborn - und der erst 25 Jahre alten Sprehe könnte nun ein Trio ohne jede Olympia-Erfahrung Deutschland bei den Sommerspielen vertreten. Erstmals dürfen dort im Mannschaftswettbewerb nur drei statt vier Paare pro Nation an den Start gehen, hinzu kommt ein Reiter nur für die Einzelentscheidung. Die Entscheidung über die Olympia-Fahrer fällt Bundestrainer Jonny Hilberath, der das Amt vom im April verstorbenen Holger Schmezer übernommen hat, am 8. Juli.

Am Freitag hatten Rath und Totilas im Grand Prix mit 83,234 Prozentpunkten noch die beste Leistung hingelegt und einen Rekord bei deutschen Meisterschaften aufgestellt. Auch Langehanenberg (81,489) und Sprehe (80,383) bei ihren ersten nationalen Meisterschaften lagen da bereits über 80 Prozent.

Bundestrainer auf Abreiteplatz

Sogar auf dem Abreiteplatz waren die meisten Augen auf Rath gerichtet, der bei seinem Comeback Ende April in Hagen mit der umstrittenen Rollkur (der Kopf des Pferdes wird an dessen Hals gezogen) für Unverständnis gesorgt hatte. Zudem gab es damals eine Ermahnung von Jonny Hilberath.

Impressionen am Schloss Wocklum

1/102

Der neue Bundestrainer war in Balve am Samstag die meiste Zeit am Abreiteplatz. Er wollte beobachten, ob alles mit rechten Dingen ablief. "Die Prüfungen werde ich mir in aller Ruhe auf Video anschauen", sagte Hilberath, der Mitglied im Dressurausschuss des Deutschen Olympiade Komitees (DOK) für Reiterei ist, das über die Nominierungen für London entscheiden wird.

Rückschlag für Isabell Werth im Kampf um Olympia-Ticket 

Einen Rückschlag im Kampf um die London-Teilnahme musste die fünfmalige Olympiasiegerin Isabell Werth (Rheinberg) hinnehmen. Nach dem Ausfall ihres Top-Pferdes Don Jonson im Grand Prix kam sie im Special mit El Santo nur auf 72,089 Prozentpunkte und einen enttäuschenden neunten Platz. Don Jonson hatte als letztes Pferd am Freitag wenige Sekunden nach Prüfungsbeginn plötzlich stark gelahmt, Werth musste die Prüfung beim Balve Optimum abbrechen. Mit El Santo will sie auch in der Kür am Sonntag noch antreten.

Bundestrainer schreibt Rheinbergerin noch nicht ab

Vielleicht schon ihre letzte Chance? Bundestrainer Jonny Hilberath schreibt die Rheinbergerin noch nicht ganz ab: "Wer Isabell Werth kennt, weiß, was für eine Kämpferin und ein Stehaufmännchen sie ist." Zudem gebe es ja noch eine kleine Hoffnung auf Werths zweites Pferd Don Johnson. Hilberath zeigt natürlich Mitgefühl für die desaströse Leisung im Balver Programm. "Das war bislang nicht das Turnier von Isabell. So ein Abschneiden ist sehr enttäuschend, weil ja bekannt ist, mit welchem Aufwand sie arbeitet und trainiert."

Gehörige Konkurrenz im Kampf um das Olympia-Ticket erhält Isabell Werth durch Anabel Balkenhol (Rosendahl/76,444) mit Dablino und Dorothee Schneider (Framersheim/75,378) auf Diva Royal, die im Grand Prix Special auf die Plätze vier und fünf ritten.