Essen. Die Hälfte ist geschafft: Seit sechs Wochen ist die A40 in Essen gesperrt. Die Planer ziehen eine positive Zwischenbilanz: Die Bauarbeiten liegen im Plan und werden nur moderat teurer als geplant. Mega-Staus blieben bislang aus, doch das könnte sich ändern, wenn nächste Woche die Sommerferien enden.
Landesregierung und der Landesbetrieb straßen.nrw ziehen eine zufriedene Halbzeitbilanz am Ruhrschnellweg: Die bundesweit umfangreichste Autobahn-Totalsperrung der Nachkriegszeit hat in den ersten sechs Wochen im Ruhrgebiet überraschend weniger, nicht mehr Staus als in den Vorjahren gebracht.
Vor allem: Die Bauarbeiten an der Stadtwaldbahnbrücke und dem A 40-Tunnel in Essen sind im Zeitplan. Die neue Brücke über die S-Bahn-Linie am Essener Hauptbahnhof ist eingepasst. Der Flüsterasphalt in Mülheim konnte schneller aufgetragen werden als geplant. Im Ruhrschnellweg-Tunnel müssen noch Beleuchtungen und Löschanlagen erneuert werden. „Hier hat zeitweise die Erde gebebt“, sagt Annegret Schaber, die Projektleiterin. Aber: „Wir hoffen, dass wir pünktlich am 30. September die Sperrung aufheben können“. Die S-Bahn von Essen nach Velbert (S 6) wird schon ab 20. August, vier Uhr früh, wieder rollen.
A40-Baustelle wird ein bis zwei Millionen Euro teurer als erwartet
Schaber sagt auch: Es wird mit ein bis zwei Millionen Kostenüberschreitung etwas teurer als erwartet. Jetzt wird die Grundsanierung wohl zwischen 16 und 18 Millionen Euro kosten, weil die Ingenieure immer wieder neue kleinere Macken an der Strecke entdeckt haben. Sie werden direkt mit erledigt. Schaber: „So billig wie jetzt kommen wir an diese Stellen nie wieder heran“.
Für den neuen Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD) ist das bisher gelungene Abenteuer der Totalsperrung einer der am stärksten befahrenen Autobahnen der Republik ein passender Auftakt für seine Arbeit. Er nennt das Projekt "ein Modell" für weitere Sanierungen im deutschen Autobahnnetz. Denn die dreimonatige vollständige Abriegelung der A 40 bei Essen hat eineinhalb Jahre Bauzeit in konventioneller Weise mit einspuriger Streckenführung erspart.
Groscheks Seitenhieb auf die Hamburger Elbphilharmonie
Groschek kann sich da angesichts der komplizierten, aber auch gut verlaufenden Sanierung im Ruhrgebiet den Seitenhieb auf die Kostenexplosionen in anderen Teilen Deutschlands nicht verkneifen: „Unser Baggerballett verursacht keine Elbphilharmonie-Kosten“.
Während der A40-Sperrung fahren deutlich mehr Lkw durch Essen
Mit den Erfahrungen der ersten sechs Wochen gehen die Straßen.nrw-Planer relativ gelassen an den kritischsten Zeitpunkt heran. In der nächsten Woche beginnt die Schule. Der Berufsverkehr setzt wieder ein. "Jetzt kommt der Ernstfall", sagt auch der Verkehrsminister. Die Planer setzen aber auch für die nächsten sechs Wochen auf die Vernunft der Autofahrer, sich gute Ausweichstrecken oder auch alternative Verkehrsmittel zu suchen.
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Straßen.nrw hat mehr als 50 Meßpunkte eingerichtet, um herauszufinden, wie sich die Sperrung auswirkt. Die ersten Ergebnisse:
- Die A 42 (Emscherschnellweg) zwischen Gelsenkirchen und Altenessen musste 16 Prozent mehr Verkehr verkraften.
- Der A 52 (Essen-Düsseldorf) brachte die Sperrung zwischen Essen-Ost und Rüttenscheid 35 Prozent mehr Verkehr.
- Deutlich zugenommen hat der Schwerlastverkehr auf den Umleitungsstrecken im Essener Stadtgebiet. Ein Plus von 190 Prozent.
- Das mittlere Pkw-Fahrtempo im mittleren Ruhrgebiet nahm gerade um drei Prozent ab.
Groschek sieht weiteren großen Sanierungsbedarf an Rhein und Ruhr. "Alleine 3,5 Milliarden Euro wird die Sanierung der Fernstraßen-Brücken kosten", sagte er. "Instandsetzungen auf die lange Bank zu schieben ist ökonomische Unvernunft".
A1-Rheinbrücke bei Leverkusen muss abgerissen werden
375 Bauwerke sind als sanierungsbedürftig identifiziert und werden jetzt überprüft. Es gibt auch schon Teilsperrungen für Schwertransporte. Lkw müssen mehrere hundert Kilometer Umwege fahren.
Am Schlimmsten erwischt hat es die A1-Rheinbrücke bei Leverkusen. Mit dem Einbau von 300 Tonnen schweren Stahlträgern musste ihre Tragfähigkeit gestützt werden. 1080 Schweißpunkte werden derzeit erneuert. Der Totalabriss ist unvermeidlich. Bis 2020 soll hier eine neue Rheinbrücke stehen.
So umfahren Sie die Sperrung auf der A40 in Essen
Wer Essen weiträumig umfahren kann, sollte die A40 schon früher verlassen und über die A52 und die A3 fahren und dann erst hinter Essen wieder auf die A40 zurückkommen. Die Verkehrsexperten sind optimistisch, dass auf den Autobahnen trotz der größeren Auslastung nicht dauerhaft Stau herrschen wird. Problematischer ist der Verkehrslage auf der Umleitungsstrecke durch die Essener Innenstadt.
Aus Richtung Dortmund (Sperrung: zwischen Essen-Ost und Essen-Zentrum) ab der Ausfahrt Essen-Ost über A 52 und A 3, der überregionale Verkehr wird über die A 45 oder die A 43 und A 42 gesteuert. Aus Richtung Duisburg (Sperrung: Essen-Zentrum bis Essen-Huttrop) über die Friedrich-, Hohenzollern-, Kronprinzen-, Kurfürsten- und Markgrafenstraße zur Auffahrt Huttrop.
Am 1. Oktober soll die Sperrung der A40 beendet sein, dann soll der Verkehr wieder fließen. Zur Halbzeit der A40-Sperrung sind die Planer von Straßen.NRW optimistisch, diesen Zeitplan einhalten zu können. Den Baufirmen drohen hohe Vertragsstrafen, wenn sie für die Bauarbeiten länger brauchen. Trotzdem soll nicht rund um die Uhr gebaut werden: von 22 Uhr abends bis sechs Uhr morgens soll auf der A40-Bausteller Ruhe herrschen. Doch Straßen.NRW behält sich Ausnahmen vor: Wenn es knapp wird, könne auch nachts gearbeitet werden, heißt es.
Die EVAG hat für die Sperrung der A40 ihren Fahrplan geändert
Auch Buslinien der EVAG sind betroffen. Ihr Weg führt zwar sonst nicht über die A40, aber über die als Umleitung ausgewiesenen Strecken, die höchstwahrscheinlich verstopft sein werden. Dies gilt vor allem für die Buslinien 142, 145, 146, 147, 154, 155, den SB 15, 160, 161 und 166. Ob die Straßenbahnlinien 101, 103, 105, 106 oder 109 wirklich betroffen sind, „das lässt sich jetzt noch gar nicht abschätzen“, sagt Evag-Sprecher Olaf Frei.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hatte im Vorfeld der A40-Sperrung überlegt, mehr Züge einzusetzen, die Idee letztlich aber nicht weiter verfolgt: Das Zug-Angebot wird zur großen A40-Sommerpause nicht verstärkt. „Es gäbe auch keine freien Kapazitäten auf den Trassen“, sagt VRR-Sprecher Johannes Bachteler: „Da sind uns die Hände gebunden“. Verschiedene RE-Linien wurden in diesem Jahr verstärkt und fahren inzwischen mit sechs Waggons. Erneuert wurde zudem der Fuhrpark der Linie S1, deren moderne Triebwagenzüge vom Typ ET422 mit "Doppeltraktion" unterwegs sind, also zwei Zugteile haben.
Tunnel, Brücken, Fahrbahnbelag: Was an der A40 während der Sperrung gebaut wird
Fakten zur A40-Vollsperrung in Essen
In Essen sind sanierungsbedürftig: die Stadtwaldbrücke der A 40 über die S-Bahn Werden-Hauptbahnhof. Totalabriss unvermeidbar. Die Helbingbrücken am Essener Hauptbahnhof. Sie erhalten einen neuen Belag, eine Abdichtung und neue Ränder. Der A 40-Tunnel, dessen Sicherheit der ADAC als „bedenklich“ bewertet hatte. Er bekommt neue Beleuchtungen, eine Feuerlöschanlage und eine neue Entwässerung. Außerdem bauen die Ingenieure eine Tunnelsperranlage ein, die im Notfall die Einfahrt verhindert.
Im Windschatten der Essener Sperrung hat die Landesgesellschaft die Fahrbahn bei Mülheim in Richtung Venlo mit dem schallschluckenden Belag „Opa“ ausgestattet.