Witten. . Die sechsjährige Niah Brunnstein aus Witten ist traurig: Jemand hat am Donnerstagmittag ihr kleines Kaninchen “Esra“ gestohlen. Sofort werden Erinnerungen an die Kaninchenmorde in den Jahren 2007 bis 2009 wach, die vor sechs Jahren die Wittener erschütterten. Die Polizei ermittelt.
Es war ein Schreck in der Mittagsstunde: Als die sechsjährige Niah wie immer nach der Schule ihre Kaninchen füttern wollte, da saß nur noch eins im Stall. Die Klappen des Geheges standen sperrangelweit offen – und keine Spur von Mümmelmann Nummer zwei. „Mir ging sofort die Geschichte mit dem Kaninchenmörder durch den Kopf“, sagt Mutter Simone Brunnstein (38). Sofort rief sie die Polizei.
Auch bei Volker Schütte, Sprecher der Bochumer Polizei, schrillen noch Jahre nach den brutalen Tiertötungen bei den Stichworten „Witten und Kaninchen“ die Alarmglocken. Der dicke Ordner mit dem „medienwirksamsten Fall“, über den sogar der britische Sender BBC berichtete, steht noch im Regal.
Kaninchen-Mordserie begann 2007
Im Juni 2007 begann die Mordserie in Witten und Umgebung. Über 100 Kaninchen wurden getötet, die geköpften Tiere in den Ställen der Besitzer hinterlassen. 2009 wurde ein 26-jähriger Verdächtiger in Dortmund gefasst. In der Wohnung des geistig und körperlich behinderten Mannes fanden sich lebende und tote Kleintiere. Meist nachts hatte der Täter zugeschlagen – oft in Gärten an der Ardeystraße.
Das Haus, in dem Familie Brunnstein lebt, liegt gleich um die Ecke: In der Mark. Durch einen offenen Torbogen gelangt man direkt in den Garten, doch der Stall liegt vor Blicken verborgen hinter einer efeubewachsenen Wand. Letzten Donnerstag, als es passierte, so Simone Brunnstein, habe ihre Schwiegermutter gegen 12.15 Uhr kurz bei den Kaninchen vorbeigeschaut – wie immer, wenn sie kommt. Da sei alles in Ordnung und der stabile Stall mit zwei Riegeln verschlossen gewesen. Deshalb könne das Tier nicht von allein ausgebüxt sein.
Suche in Nachbars Garten erfolglos
Kurz vor eins wollte Niah dann „Esra“ und „Struppi“, die sie zum Geburtstag bekommen hatte, füttern – doch da war die braun-weiße Häsin weg. Nur der graue Rammler, ohnehin weniger zutraulich, habe verschreckt in der Ecke gesessen.
Wer hat etwas gesehen?
Das vermutlich gestohlene Kaninchen ist ein knapp einjähriges braun-weißes Zwergwidder-Weibchen.
Familie Brunnstein will noch „Vermisst“-Zettel in der Umgebung aufhängen. Zeugenhinweise an die Polizei: 209-3821.
Niah habe zunächst bitterlich geweint, sagt ihre Mutter. Die Suche im Garten der Nachbarn blieb erfolglos. „Die Polizei war dann aber schnell vor Ort“, lobt Simone Brunnstein. Das sei für ihre Tochter ganz wichtig gewesen. Denn für die Erstklässlerin, die gerade in die Blote Vogel Schule gekommen ist, gelte: Wenn etwas gestohlen wurde, muss die Polizei für Recht und Ordnung sorgen.
Simone Brunnstein erstattete Anzeige – die sie natürlich sofort zurückziehen würde, wenn der mutmaßliche Dieb das Tier unbeschadet zurückbringen würde. „Es kann ja auch einfach ein Kind gewesen sein, dass sich das jetzt nicht mehr traut.“ Einen Zusammenhang mit den Kaninchenmorden schließt Polizeisprecher Volker Schütte eigentlich aus, denn nach der Festnahme des Verdächtigen sei damals schlagartig Ruhe eingekehrt. „Es war ein sehr begründeter Tatverdacht“, sagt er.
Stall gleicht einem Hochsicherheitstrakt
Der Stall, in dem Struppi nun allein vor sich hinmümmelt, gleicht jetzt jedenfalls einem Hochsicherheitstrakt. Zwei Riegel mit Hängeschlössern haben Brunnsteins angebracht, damit Niah und ihr Kaninchen nicht erneut ein Trauma erleben müssen.