Witten. . Bei den meisten Jugendlichen wird ein Thema irgendwann ganz wichtig: der Sex. Wann? Wie? Mit wem? Antworten auf diese und viele andere Fragen finden sie in der Beratungsstelle von Pro Familia in Annen. Die hat jetzt eine neue Mitarbeiterin, ein neues Kondomformat und eine Kino-Aktion zum Welt-Aids-Tag zu bieten.

Astrid Kassette heißt die neue Jugendberaterin, die schon seit fast zehn Jahren für Pro Familia arbeitet, lange in Wuppertal und Schwelm war und seit September zum Team in Witten gehört. Sympathisch ist die Sexualpädagogin, nett und locker. Sie wirkt jünger als 37 und man könnte sich tatsächlich vorstellen, dass Jugendliche mit ihr unverkrampft über Dinge reden, die ihnen sonst eher peinlich sind.

Meist betreten Jungen und Mädchen die Beratungsstelle zum ersten Mal, wenn sie mit der Schulklasse kommen. Sie tun dies halb freiwillig – weil der Lehrer den Termin vereinbart hat. „Aber die sind vom Thema Liebe und allem, was damit zu tun hat, betroffen. Die stecken mitten in der heißen Phase“, sagt Astrid Kassette über ihre häufigsten Besucher, die Siebt- bis Neuntklässler. Und sie weiß: „Die haben Unmengen von Fragen.“ Man müsse nur die richtige Atmosphäre schaffen, dann „gelingt es hier recht schnell, dass sie sich öffnen“.

Die Jugendlichen werden in kleinere Gruppen aufgeteilt und nach Geschlechtern getrennt. „Das Reden ist hier freiwillig“, sagt Astrid Kassette. Und anfangs dürfen die Jungs und Mädels sich auch mal Ausschütten vor Lachen. Doch schnell begreifen sie, dass sie hier mehr über das erfahren, was sie insgeheim so brennend interessiert: Wie funktioniert das mit dem Kennenlernen? Sind Tampons oder Binden besser? Nicht zuletzt informiert die Sexualpädagogin ausführlich über die Themen Verhütung und Aids – auch außerhalb der Beratungsstelle.

So gehen heute und morgen über 400 Schülerinnen und Schüler anlässlich des Welt-Aids-Tages – auch wenn der schon letzten Donnerstag war - vormittags ins Burg-Kino. Dort schauen sie sich den Film „Same same but different“ an, in dem sich ein junger Deutscher in ein Barmädchen in Afrika verliebt und bei ihr mit HIV ansteckt. Natürlich folgt auf den Film eine Diskussion. Und alle kriegen ein kleines Päckchen mit auf den Weg. Darin stecken ein Lutscher, Info-Material zu Aids und HIV, Astrid Kassettes Visitenkarte und ein Kondom – das beliebteste Verhütungsmittel beim „ersten Mal“, wie der stellvertretende Leiter der Beratungsstelle, Markus Guhl (40), erklärt.

Und weil nur das richtig vor Krankheit und Schwangerschaft schützen kann, was richtig passt, hat Pro Familia jetzt ein XS-Kondom, das deutlich schmaler und kürzer ist als handelsübliche Produkte, im Angebot. Denn bereits vor zehn Jahren, so Guhl, habe eine Pro-Familia-Studie über Penisgrößen gezeigt, dass sogar für etwa 20 Prozent der erwachsenen Teilnehmer gängige Kondome zu groß sind.

Rund 2000 Jugendliche pro Jahr erreichen die Mitarbeiter der Beratungsstelle pro Jahr über ihre Veranstaltungen. Nur wenige kommen später nochmal allein hierher. Astrid Kassette hofft auf mehr Mundpropaganda, denn: „Da kannste tatsächlich hingehen.“