Witten.

. Der 18-jährige Hans-Sebastian Kraushaar hat am 21. Mai einen Straßenräuber gestellt, der einer Rentnerin die Handtasche klauen wollte. Dass er dabei einen Mehrfachstraftäter erwischte, hätte er sich nicht träumen lassen.

Nachgedacht hat Hans-Sebastian Kraushaar nicht eine Sekunde, als sein Vater am 21. Mai sagte: „Lauf schnell hinterher“. In seinen schwarzen Crocs rannte er los - und stellte einen Straßenräuber. Dass er einen Mehrfachstraftäter erwischt hat, hätte er sich nicht träumen lassen.

Die Polizei ermittelte und konnte dem polizeibekannten Wittener (34) vier weitere Raubüberfälle nachweisen. Am 16. Januar, am 10. und 19. Februar hatte er nach gleichem Muster an der Pferdebachstraße einen Mann (72) und zwei Frauen überfallen. Ein weiterer Tatort lag an der Konrad-Adenauer-Straße. Dort überfiel der Mann am 5. Februar eine 71-Jährige und entriss ihr die Handtasche. Beim Sturz zog sich die Seniorin einen Trümmerbruch am Arm zu.

Täter wollte Rentnerin die Handtasche rauben

Vor der Haustür einer Bekannten seines Bruders hielt sich Hans-Sebastian Kraushaar, der demnächst eine Ausbildung zum Garten- und Landschaftsgärtner absolvieren möchte, am 21. Mai auf. Auch seine Mutter war dabei. „Wir hörten plötzlich eine Frau schreien“, erinnert sie sich.

Die Seniorin war gegen 19.10 Uhr zu Fuß auf der Straße „Tannenberg“ unterwegs gewesen. Der Täter war plötzlich an der Einmündung zur Crengeldanzstraße aufgetaucht, hatte die Frau zu Boden gerissen. Anschließend hatte der Kriminelle dann versucht, der Rentnerin mit beiden Händen die Handtasche zu entreißen.

Die 81-Jährige zog sich eine blutende Platzwunde am Kopf zu. „Sie lag da vor dem Wagen eines Pflegedienstes“, erinnert sich Mama Christiane Kraushaar. Ihr 18-jähriger Sohn rannte gleich los. „Als ich den Täter nach etwa 50 Metern erreicht hatte, zog er mir die Beine weg, wir fielen beide hin. Ich habe ihn dann aber überwältigt und ihm die Hände auf den Rücken gedreht“, sagt er.

Angst bekam seine Mutter schon ein wenig, als sie die Männer auf dem Boden liegen sah: „Man weiß ja nie, ob der Täter nicht doch ein Messer oder einen Schlagring mit hat. Man hört ja auch so viel.“ Die neunfache Mutter jedenfalls hatte schon die Polizei gerufen. „Die kamen dann mit fünf Streifenwagen.“ Ein weiterer Passant wollte helfen, den Täter festzuhalten. „Aber den hatte ich schon ganz gut im Griff“, sagt Kraushaar.

Am kleinen Finger der rechten Hand verletzt

Der Räuber wollte sich nicht nur vor der Polizei, sondern auch vor Kraushaar herausreden. Er solle ihn laufen lassen, alles sei ein Versehen gewesen. „Ich habe ihm aber gesagt: Sie bleiben jetzt schön hier.“ Schließlich laufe niemand weg, ohne etwas ausgefressen zu haben, glaubt das drittälteste Kind der Familie, die in Rüdinghausen lebt.

Weil sich Kraushaar am kleinen Finger der rechten Hand verletzt hatte, musste er ins Krankenhaus. „Vier Stunden habe ich gewartet. Der Finger war ganz dick. Es war aber nur eine Prellung.“ In der Klinik traf der mutige Bürger noch die Seniorin, die sich bei ihm für seinen Einsatz bedankte. Jederzeit wieder würde er so handeln, sagt Kraushaar.

Frank Nows, Leiter der Polizeiinspektion Witten, lobt Kraushaars Verhalten: „Es verdient höchsten Respekt. Er hat die Situation richtig eingeschätzt und seine körperliche Überlegenheit genutzt, um die weitere Flucht des Täters zu unterbinden.“ Gleichzeitig aber warnt er: „Jeder sollte für sich persönlich abwägen, ob er einer Konfrontation mit dem Täter gewachsen ist.“ Die Gefahr, dabei selbst zum Opfer zu werden, sei nicht zu unterschätzen.