Witten. Kutschers Weingeschäft in Witten-Herbede wird bald Geschichte sein. Dabei läuft das Geschäft im Bistro super. Es krankt an etwas anderem.
Für „Kutschers Weine und Delikatessen“ sind die Tage gezählt. Das Geschäft auf der Meesmannstraße in Herbede schließt am 15. März für immer seine Türen. Schweren Herzens geben Andrea und Jörg Kutscher ihren Laden auf, den sie 2019 mit so vielen Hoffnungen eröffnet hatten. Aber es gehe einfach nicht mehr, klagt die 57-jährige Inhaberin: „Die Leute haben unser Konzept nicht verstanden.“
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Vor genau fünf Jahren hatte das Paar seinen lang gehegten Traum verwirklicht. „Sie tagsüber im Büro, ich abends in der Gastronomie, das wollten wir nicht mehr“, sagt Jörg Kutscher. Deshalb entwickelte der gelernte Koch und Restaurantleiter die Idee von einem eigenen Weinfachhandel mit angegliederter Gastronomie. „Wir wollten Wein verkaufen und dazu eine Kleinigkeit zu essen anbieten.“
Wittener Weinfachhandel setzt auf ausgewählte Tropfen
In den Räumen des ehemaligen Lokals „Steiger No. 57“ fanden die Bochumer die geeigneten Räume mit Platz sowohl für die Weinregale als auch die Tische mit rund 30 Sitzplätzen. An denen servieren Kutschers ihren Gästen Flammkuchen und die Gerichte der wöchentlich wechselnden Karte. „Wir haben immer einmal Fisch, einmal Fleisch, einmal Nudeln - und meist noch irgendeine andere Kleinigkeit“, so der 55-Jährige.
Beim Wein haben sich Kutschers auf besondere Tropfen spezialisiert. Keine Supermarktware, sondern ausgewählte Sorten „von Winzern, die wir alle persönlich kennen“. Viele aus Deutschland, dazu Italiener, einige Franzosen und Spanier, die Flasche zwischen 10 und rund 50 Euro. Wer sich zum Essen etwas Außergewöhnliches gönnen will, kann die Weine für einen geringen Aufpreis im Bistro bestellen. „Sehr günstig, mit den Weinpreisen in einem normalen Restaurant ist das nicht zu vergleichen“, sagt der Chef.
Gastronomen haben eine Mischkalkulation geplant
Das Angebot im Bistro sei auch gut angenommen worden, es kämen viele Stammgäste. „Das Restaurant läuft wie Hulle“, betont der Koch. Doch damit allein kann der Laden nicht überleben, der Weinverkauf muss auch fluppen. „Wir haben mit einer Mischkalkulation geplant.“, Doch die Rechnung ist nicht aufgegangen. Es wird viel zu wenig Wein verkauft. Warum dann nicht nur noch aufs Restaurant setzen?
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Dafür sei das Lokal zu klein, erklärt Jörg Kutscher - nicht nur der Platz für die Gäste, sondern vor allem der in der Küche. „Wir hätten weder genug Platz, alles zu kühlen, noch etwas anzubauen“, sagen die Inhaber. Hinzu komme, dass sich die Situation in Herbede in der letzten Zeit nicht gerade zum Guten entwickelt habe.
Kaum noch Laufkundschaft nach Gassmann-Aus
„Seit Gassmann weg ist, gibt es kaum noch Laufkundschaft“, klagt Andrea Kutscher. Samstags sei es auf der Meesmannstraße so leer wie nach einer Bombendrohung. „Aber warum sollte man auch noch zum Bummeln herkommen?“ Die Stadt habe versäumt, neue kleine, inhabergeführte Geschäfte in Herbede anzusiedeln. „Stattdessen gibt‘s nur noch Friseure.“ Und für die Gastronomen zudem noch eine jahrelange Baustelle vor der Tür.
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Deshalb haben sie die Reißleine gezogen. Fünf Wochen lang läuft noch alles wie gewohnt weiter, aber dann soll Schluss sein. Kutschers ziehen weiter. Künftig werden sie das Team von Haus Kemnade verstärken, mit dem neuen Pächter Josef Kachel sind sie eng befreundet. Wie genau die Zusammenarbeit aussehen kann, das wird derzeit noch überlegt. Sicher ist, auch Weinproben soll es dort weiterhin geben.
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„Wir werden unseren Platz dort finden“, da sind Andrea und Jörg Kutscher ganz sicher. Dann allerdings als Angestellte. Der Traum vom eigenen Laden ist erst einmal geplatzt.