Witten. Seit 1890 gibt es die Wittener Tanzschule Feldmann-Hartmann, nun gibt Familie Hartmann deren Führung ab. Wer ist der Neue auf dem Parkett?
Es ist ein großer Schritt, aber Sabine und Peter Hartmann fällt er leicht: Das Ehepaar hat zum 1. Dezember ihre ADTV-Tanzschule Feldmann-Hartmann in Witten an ihren einstigen Mitarbeiter Marc Aguilar übergeben. Dieser wird nicht gleich aus der Reihe tanzen, sondern das bisherige Programm nur leicht variieren: „Denn die Tanzschule läuft einfach gut.“
Man glaubt es kaum, dass sich eine altehrwürdige Institution so lange halten kann. 1890 wurde die Tanzschule Feldmann gegründet. Ilse Feldmann, genannt „Charliene“ (nach ihrem verstorbenen Mann Charlie), übergab 1974 die Leitung an Günter Hartmann und der wiederum 1999 an seinen Sohn Peter und dessen Frau Sabine. Den Namen Feldmann-Hartmann kennt fast jeder in Witten. Allein: Wie viele pubertierende Jugendliche haben hier schon langsamen Walzer oder flotten Discofox gelernt? Auch Marc Aguilar bleibt dem Markennamen treu. Demnächst wird an dem Haus in der Bachstraße 11 stehen: „Tanzschule mit Marc – Feldmann-Hartmann“.
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Mutter schickte ihn mit sieben Jahren in die Tanzschule
Der 43-Jährige mit dem schönen spanischen Nachnamen ist ausgebildeter Tanzlehrer und kam 2021 nach Witten – bereits mit der Option, eines Tages die Führungsrolle zu übernehmen. Vorher hat er 13 Jahre lang als Tanzlehrer in Krefeld vor allem Hip-Hop unterrichtet, seine Ausbildung absolvierte er in einer Oberhausener Tanzschule. Schon lange hatte er den Wunsch nach Selbstständigkeit, um „die Kreativität, die ich im Kopf habe“, auch umzusetzen.
Man merkt: Tanzen ist seine große Leidenschaft, aber wie kommt man dazu? Schuld hat Mama Aguilar. Sie meldete den damals siebenjährigen Marc zu einem klassischen Kindertanzkurs an. Und zwar, um seinem Cousin beizustehen. Der Cousin schmiss schnell hin, „und ich bin hängengeblieben“. Marc tanzte erfolgreich Standard und Latein im Turnierbereich, „ich wurde Tanzschulinventar“, sagt er lachend. Nach Witten führte ihn eine Stellenanzeige, die Peter Hartmann während des Corona-Lockdowns aufgegeben hatte. Inzwischen wohnt er in Witten gleich über der Tanzschule.
Brautpaare üben in Privatstunden eine Choreographie
Denn das Geschäft mit Kreiseldrehung und Wiegeschritt läuft nach wie vor. „Bestseller“ seien der Kindertanz, zu dem schon Dreijährige gehen, Hip-Hop und Zumba. Besonders gut laufen aber auch „Crashkurse“ vor einer Hochzeit. Viele Brautpaare buchen die vier Stunden für Grundlagenkenntnisse und anschließend eine Privatstunde. Dort tüftelt man dann einen Hochzeitstanz mit eigener Choreografie aus. Gern bringen Brautpaare dabei Folgendes aufs Parkett: Start mit einem langsamen Walzer, man gleitet hinüber in die Rumba und legt zum Finale einen schmissigen Discofox hin – und der gipfelt in rhythmischen Körperbewegungen aller Hochzeitsgäste!
„Viele Paare schicken uns dann ein Video von ihrem großen Auftritt. Und manche kommen nach den Flitterwochen wieder zu uns“, erzählt Peter Hartmann. Denn, Sie wissen schon, der Mann als solcher muss natürlich erst seine Tanzbegeisterung erkennen. „Der schwerste Schritt für einen Mann ist der Schritt in die Tanzschule“, sagt Marc Aguilar schmunzelnd. „Wer die erste Stunde überlebt hat, findet es oft gar nicht so schlimm.“ Mitunter wird Tanzen zum gemeinsamen Hobby. Eins, mit dem man gemeinsam alt werden kann. Manche Gäste bleiben den Hartmanns Jahrzehnte treu. Im Seniorentanzkreis etwa ist die älteste Teilnehmerin 90 Jahre alt.
Hartmanns unterrichten weiterhin
Hier kann man in Witten tanzen lernen
Die Tanzschule Feldmann-Hartmann ist der „Platzhirsch“ in Witten. Es gibt noch zwei kleinere Tanzschulen: Im Tanzcentrum Bork an der Wideystraße laufen nur noch einzelne Kurse. Ehemalige Mitarbeiter von Peter Hartmann, Florian und Christian Jakob, haben außerdem die „takt.bar“ an der Augustastraße eröffnet.
Eher in den Bereich Ballett fallen außerdem „Dance Time Lieber“, in einer ehemaligen Kirche an der Pferdebachstraße in Stockum, die Ballettschule „Artedanza“ von Kerstin Funke an der Meesmannstraße in Herbede oder die von Irena Bentke in der Steinstraße.
Als Peter Hartmann 1999 die Tanzschule übernahm, passten alle Angebote in einen Prospekt. Heute müsste er drei Prospekte drucken – so umfangreich ist das Angebot, das die drei festangestellten und vier freiberuflichen Tanzlehrer den Wittenern machen. An sieben Tagen die Woche, meist von 15 bis 22.30 Uhr, laufen durchgängig Kurse. Morgens bietet die Tanzschule außerdem Projekte an den Schulen und in Kitas an.
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Was ist ihr Erfolgsrezept? „Dass wir von jeher ein Familienbetrieb sind und viel Wert auf persönlich Kontakt legen“, sagt Peter Hartmann. Zudem sei man stets innovativ gewesen: mit Clubfahrten, Tanzreisen oder Koch- und Weinabenden. Der 63-Jährige und seine Frau (61) bleiben der Tanzgemeinde erhalten. Ab 2024 aber wollen sie „nur“ noch an fünf Tagen pro Woche unterrichten. „Für uns ist das viel“, sagt Peter. „Eigentlich haben wir immer gearbeitet, wenn alle anderen frei haben.“ Beide sind seit bald zwei Jahren Opa und Oma – aber noch total fit. Kein Wunder, Peter Hartmann unterrichtet weiterhin schnelle Tänze wie Jive oder Samba, während seine Frau Walzer oder Rumba mag – kurzum, sie bitten wahrscheinlich noch viele Jahre aufs Parkett.
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