Witten. Nach der Zustimmung im Bundesrat darf Cannabis ab sofort öffentlich konsumiert werden. Trotzdem gibt es in Witten Verbotszonen. Ein Überblick.

Das Rauchen von Cannabis wird ab 1. April 2024 in Deutschland legal. Das hat der Bundestag am 23. Februar beschlossen. Trotzdem darf man künftig nicht überall kiffen: In weiten Teilen Wittens bleiben Joints auf offener Straße verboten. Besonders in der Innenstadt wird es schwer, ein Plätzchen zu finden, sollte man sich legal eine „Tüte“ anstecken wollen. Doch einige Lücken gibt es.

Der Gesetzentwurf der Ampel enthält Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, die den öffentlichen Konsum von Cannabis einschränken. Nicht erlaubt ist er im Abstand von 100 Metern um Schulen, Kitas, Jugendzentren und Spielplätze herum. Gleiches gilt für öffentlich zugängliche Sportstätten. Im ursprünglichen Entwurf sollte die Schutzzone noch 200 Meter betragen, dies wurde aber abgemildert. In Fußgängerzonen darf zwischen 7 und 20 Uhr generell kein Joint geraucht werden.

Fast ganz Witten-Mitte ist Verbotszone für Cannabis-Konsum

Auf einer interaktiven Karte im Internet ist zu erkennen, wo die Droge theoretisch konsumiert werden darf und wo nicht – und zwar straßenscharf. Die Daten sind weder vollständig noch offiziell. Doch schon ein kurzer Blick macht deutlich: Viele Orte im Wittener Stadtgebiet sind für Kiffer künftig tabu. Das gilt besonders für die Innenstadt und die Stadtteilzentren.

Hier geht‘s zur interaktiven Karte:

Cannabis: Wo das Kiffen weiter verboten sein soll (Mit dem Button „Karte aktivieren“ oder der gezielten Ortssuche können Sie die Karte straßenscharf erkunden.)

So liegt fast über dem gesamten Wittener Zentrum eine rote Fläche, die die Verbotszonen anzeigt. Doch es gibt auch Lücken. Zum Beispiel an der Ruhrstraße ungefähr ab Höhe der Bushaltestelle Rathaus bis auf Höhe der Körnerstraße. Eingeschlossen ist auch das nördliche Ende des Rathausplatzes und ein Teil des Wiesenviertels (Heilen-, Casino- und Steinstraße), ebenso der Berliner Platz. Auch fast im gesamten Stadtpark kann man sich künftig einen Joint anstecken.

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Viel Freiraum für Kiffer an der Ruhr

In den anderen Stadtteilen gibt es abseits der Zentren ebenfalls größere Lücken – eben immer dort, wo keine Einrichtung für Kinder oder Jugendliche in der Nähe ist. So ist etwa der südlichste Zipfel von Heven, rund um die Straßen Kleff, Fahrendelle und Steinhügel vollständig freigegeben, ebenso die Ruhrbrücke nach Herbede und der nördlichste Teil dieses Stadtteils. Das schließt etwa auch das dortige Seniorenheim, das Ärztehaus und einen Teil der Meesmannstraße ein.

Die Burgruine Hardenstein in Witten ist ein beliebtes Ausflugsziel für Radfahrerinnen und Wanderer. Und bald auch für Freunde des Cannabis-Konsums?
Die Burgruine Hardenstein in Witten ist ein beliebtes Ausflugsziel für Radfahrerinnen und Wanderer. Und bald auch für Freunde des Cannabis-Konsums? © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Besonders leicht wird es aber naturgemäß um die Ruhr und den Kemnader See herum. Dort könnten sich Besucher ebenso berauschen wie im Muttental. Auch an der Burgruine Hardenstein wäre das möglich, ebenso um das gegenüberliegende Schleusenwärterhaus herum oder auf der Hundewiese.

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Drogenberater sieht das Kiffen in der Öffentlichkeit sehr kritisch

Frank Bannasch, Leiter der Wittener Sucht- und Drogenhilfe, sieht das Kiffen in der Öffentlichkeit generell sehr kritisch. „Das etabliert sich im Stadtbild und hat eine negative Vorbildfunktion“, fürchtet der 59-Jährige. Denn womit Kinder und Jugendliche aufwachsen, was sie auf der Straße sehen, sei für sie bekannt und normal. „Damit ist die Hürde, selbst zu konsumieren, niedriger.“ Hinzu komme die Wahrnehmung, dass etwas, das legal ist, ja nicht gefährlich sein könne. Sonst wäre es schließlich verboten.

Frank Bannasch ist Leiter der Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr. Er ist gegen das Rauchen von Joints in der Öffentlichkeit.
Frank Bannasch ist Leiter der Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr. Er ist gegen das Rauchen von Joints in der Öffentlichkeit. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

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Doch gerade bei jungen Menschen könne Cannabis zu Schäden am Gehirn führen, da es sich noch weiter entwickele. Bei Dauergebrauch könnten zudem in jedem Alter psychische Störungen und Erkrankungen auftreten. Die Grundidee, den Gebrauch zu entkriminalisieren, hält Bannasch dennoch für richtig.

Dass das Rauchen eines Joints mancherorts auf offener Straße erlaubt sein soll und mancherorts nicht, hält der Suchtexperte aber für nicht umsetzbar. „Das ist doch sehr theoretisch und abgehoben.“ Woher soll ein Konsument denn wissen, ob er sich in einer Verbotszone befinde oder nicht, fragt Bannasch. „Man wird ja sicher keine Schilder aufstellen.“

Hinweis: Wir haben diesen Text erstmals im Oktober 23 veröffentlicht und ihn nun aktualisiert.

207 Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis

Nach dem Gesetzentwurf der Ampel-Regierung dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm Marihuana besitzen. Erlaubt ist auch der Anbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen im privaten Rahmen. In Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen zudem Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen.

Die Polizei hat im letzten Jahr (2022) in Witten 207 Straftaten in Zusammenhang mit Cannabis erfasst. Zum Vergleich: 2021 waren es 157 Straftaten, im Jahr zuvor 199. Schwerpunkte gebe es dabei keine. Die Polizei habe aber die allgemeine Drogen-Szene im Blick, in der auch andere Substanzen konsumiert werden. Diese treffe sich im Bereich des Lutherparks, der Innenstadt und des Hauptbahnhofs. Man sei regelmäßig mit uniformierten und zivilen Kräften vor Ort.

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